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Lehrbücher als Fehlerquellen

Die meisten Lehrbücher der Psychologie sind falsch was ihre Darstellung des radikalen Behaviorismus angeht. Wie aber sollen Psychologen ein angemessenes Bild der Verhaltensanalyse und des radikalen Behaviorismus entwickeln, wenn sie schon in den einführenden Lehrbüchern mit Fehlinformationen vollgestopft werden?

Robert Jensen und Helene Burgess untersuchten 1997, ob und in welcher Weise die radikal-behavioristische Interpretation kognitiver Prozesse in den 15 in den USA verbreitetsten einführenden Lehrbüchern der Psychologie berücksichtigt wird. Nur fünf Lehrbücher erkannten überhaupt, dass sich der radikale Behaviorismus mit diesem Thema beschäftigt, wobei kein einziges die Position Skinners richtig und vollständig darstellte. Sechs weitere Lehrbücher erwähnten den radikal-behavioristischen Ansatz überhaupt nicht, in vier Lehrbüchern wurde aktiv bestritten, dass der radikale Behaviorismus sich mit kognitiven Prozessen oder inneren Vorgängen befasse.

Diese Resultate sind vor allem deshalb entmutigend, weil bekannt ist, dass Studenten in höheren Semestern kaum noch ihre falschen Ansichten über den radikalen Behaviorismus ändern (DeBell & Harless, 1992).

Jensen und Burgess haben 2014 erneut einführende Lehrbücher der Psychologie auf ihre Darstellung des radikalen Behaviorismus hin untersucht. Kae Yabuki (2014) interviewte sie für „Operants“, die Zeitschrift der B.F. Skinner Foundation.

Jensen und Burgess fanden 1997 Fehlinformationen zuhauf, darunter die, dass Skinners Theorie bei Phänomenen wie Einsicht oder dem latenten Lernen und „kognitiven Landkarten“ versage. So wird in einem der Lehrbücher behauptet, dass Skinner das Lernen durch Beobachtung („am Modell“) nicht erklären könne. In einer Studie von Bandura, Ross und Ross (1963) imitierten Kinder, die ein Modell gesehen hatten, welches eine Pupe („Bobo-Doll“) schlug, in einer späteren freien Spielsituation dieses Modell (sie schlugen auch die Pupe). Das Experiment soll die neue Erkenntnis gebracht haben, dass Verhalten auch gelernt werden kann, ohne dass es verstärkt wurde. Dies wird als das Lernen von aggressivem Verhalten durch reine Beobachtung interpretiert und es wird behauptet, dass intervenierende kognitive Variablen erforderlich sind, um diesen Befund zu erklären. Das Lehrbuch hinterfragt diese Interpretation nicht. Die Kinder haben nicht wirklich aggressives Verhalten neu am Modell erlernt. Sie befanden sich vielmehr in einer Situation, in der ein Verhalten, dass schon im Repertoire der Kinder war, mehr oder weniger wahrscheinlich gemacht wurde. Skinner erklärt (vereinfacht ausgedrückt) das „Lernen am Modell“ als einen Spezialfall der Stimuluskontrolle (vgl. auch Baer & Sherman, 1964).

Jensen und Burgess schrieben an die Verlage und baten sie, den Autoren die Fehler zurück zu melden, wobei sie entsprechende Quellen beifügten. Die Neuauflagen waren aber in diesen Punkten unverändert.

Drei der zehn neuen Lehrbücher, die Jensen und Burgess 2014 untersuchten, waren Neuauflagen der Lehrbücher, die sie sich schon 1997 vorgenommen hatten. Unter den Titeln befinden sich Werke von Zimbardo (2009), Meyers (2014) und andere, die auch in deutscher Übersetzung verbreitet sind.

Dieses Mal fand sich eine einzige richtige Darstellung der Position des radikalen Behaviorismus. Die Autoren dieses Lehrbuchs, Wade und Travis (2003, S. 249-250), kritisieren sogar andere Psychologen dafür, dass diese Skinner unterstellen, er leugne die Existenz privaten Verhaltens oder nehme an, dass man es nicht untersuchen könne. Allerdings verderben Wade und Travis das Bild, indem sie anschließend die Position Skinners mit der der sozial-kognitiven Lerntheorie kontrastieren, die im Gegensatz zum radikalen Behaviorismus das Lernen am Modell und das Denken erklären könne.

Jensen und Burgess vermuten, dass die Autoren der Lehrbücher die Position Skinners nicht bewusst falsch darstellen, sondern dass sie selbst nicht erfassen können, worauf es Skinner ankam. Skinner plädierte dafür, dass Psychologen offenes Verhalten verändern sollten, solange das Verhalten „innerhalb der Haut“ nur indirekt untersuchbar ist. Dennoch sollten sie davon ausgehen, dass das private Verhalten den gleichen Gesetzmäßigkeiten unterliegt wie das Verhalten, das man von außen beobachten kann. Privates Verhalten ist für Skinner eine abhängige Variable in der Verhaltenswissenschaft.

Diese Falschdarstellungen, die die Studenten lernen, geben sie später, wenn sie selbst lehren, wieder an ihre Studenten weiter. Dass die Autoren ihre Darstellung trotz der Informationen nicht änderten, hat nach Jensen und Burgess mehrere Gründe: Die Verlage drängen darauf, dass Lehrbücher möglichst immer in einer aktuellen Auflage vorliegen. Die Autoren haben gar nicht die Zeit, um alle Fehler der früheren Ausgaben auszubessern. Von den Fehlern, die sie in der knappen Zeit korrigieren müssten, ist die Falschdarstellung des radikalen Behaviorismus wohl der für sie unbedeutendste. Zudem gewinnt man durch Lehrbücher kaum akademische Reputation. Es gibt praktisch keinen Druck, Falschdarstellungen in diesem Bereich auszubessern, da ein Wissenschaftler kaum in seiner Karriere gehemmt wird, weil er den radikalen Behaviorismus falsch darstellt. Im Gegenteil: Diejenigen (andere Professoren, die z. B. einer Berufungskommission angehören), die etwas zu sagen haben, haben die gleichen falschen Ansichten über den radikalen Behaviorismus und erwarten von einem Kollegen, dass er diese bestätigt. Diskrepanzen zu den eigenen Ansichten sind dagegen unerwünscht und potenziell gefährlich für die Karriere.

Die Frage bleibt, wie es überhaupt, zu Beginn, zu diesen Falschdarstellungen kommen konnte. Jensen und Burgess glauben nicht, dass Skinners eigene Schriften zu Fehlinterpretationen Anlass geben. Skinner beschrieb seine Position klar, detailliert und systematisch. Die Falschdarstellungen gleichen einem kulturellen Artefakt (einer Art Urban Legend), das von Professor zu Student weitergegeben wird, ohne dass es noch einmal hinterfragt wird. Die prominenteste Quelle für Falschdarstellungen des radikalen Behaviorismus ist sicherlich Noam Chomskys Rezension von Verbal Behavior. Chomskys Rezension wird noch immer viel zitiert (in den Jahren 1985 bis 1995 im Schnitt 18 mal pro Jahr, so der Social Sciences Citation Index, 1995). Chomskys Behauptungen sind zudem so verbreitet, dass die Autoren der Lehrbücher Teile aus dessen Artikel in ihre Texte aufnehmen, ohne Chomsky als Quelle zu nennen.

Als Abhilfe empfehlen Jensen und Burgess, darauf zu achten, dass jeder Praktiker der Verhaltensanalyse auch im radikalen Behaviorismus unterwiesen wird. Viele Praktiker werden noch ausgebildet, ohne dass sie den theoretischen Hintergrund der verhaltensorientierten Methoden wirklich kennenlernen. Zudem sollte jeder Verhaltensanalytiker jede Gelegenheit nutzen, den Autoren der Falschdarstellungen – ohne jeden Vorwurf – Feedback zu geben. Sie schlagen vor, dass Verhaltensanalytiker eine Petition starten könnten, in der auf die angemessene Darstellung der Verhaltensanalyse gedrängt wird. Diese Petition ließe sich dann bspw. einem Schreiben an den Autor eines Lehrbuchs beifügen: Sieht dieser, wie viele Kollegen die richtige Darstellung einfordern, fühlt er sich vielleicht eher veranlasst, die Darstellung gerade zu rücken. Verhaltensanalytiker sollten sich auch selbst als Autoren von einführenden Lehrbüchern anbieten (Paul Chance tut dies m. E. recht erfolgreich), insbesondere was das Kapitel über „Lernen“ angeht. Nicht zuletzt sollten Verhaltensanalytiker versuchen, bei Verlagen und Zeitschriften mit Buchbesprechungen und Prüfungen vor Veröffentlichungen präsent zu sein. Man sollte auch Autoren aus anderen Fachgebieten als der Psychologie ansprechen, die den radikalen Behaviorismus falsch darstellen. Im Internet finden sich sowohl falsche als auch richtige Darstellungen des radikalen Behaviorismus. Auch hier kann Feedback helfen.

Literatur

Baer, D.M. & Sherman, J.A. (1964). Reinforcement control of generalized imitation in young children. Journal of Experimental Child Psychology, 1, 37-49.

Bandura, A.; Ross, D. & Ross, S.A. (1963b). Imitation of film-mediated aggressive models. Journal of Abnormal and Social Psychology, 66, 3-11.

DeBell, C. S. & Harless, D. K. (1992). B. F. Skinner: myth and misperception. Teaching of Psychology, 19, p. 68-73.

Jensen, Robert & Burgess, Helene. (1997). Mythmaking: How introductory psychology texts present B. F. Skinner’s analysis of cognition. The Psychological Record, 47(2), 221-232. PDF 4,79 MB

Meyers, D. G. (2014). Exploring Psychology (9th ed.). New York: Worth Publishers.

Social Science Citation Index. (1995). Philadelphia: Institute for Scientific Information.

Wade, C. & Tavris, C. (2003). Psychology (7th ed.). Upper Saddle River, New Jersey: Pearson Education.

Yabuki, Kae. (2014). Noteworthy articles. Operants, 2014(1), 12-15 + (2), 11-13.

Zimbardo, P. G., Johnson, R. L., & McCann, V. (2009). Psychology. Core Concepts (6th ed.). San Francisco: Pearson Education.

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Bewusstsein ist nur ein Wort

Das Bewusstsein ist nicht im Gehirn, es ist etwas, das wir tun. Letztlich ist es sprachliches Verhalten. Hank Schlinger, über dessen Arbeit ich hier bereits berichtet hatte, erläuterte seine Gedanken auf der Konferenz der Skeptics Society im Jahr 2005.

Ein Kommentar

31/01/2014 · 15:44

Molarer und molekularer Behaviorismus

Die molekulare Sichtweise auf das Verhalten betrachtet momentane Ereignisse und die momentane Verursachung. Dies führt dazu, dass oft hypothetische momentane Ereignisse und Ursachen angenommen werden müssen, wenn sich keine anderen finden lassen. Die molare Sichtweise auf das Verhalten dagegen betrachtet eher den Verhaltensstrom und ausgedehnte Ereignisse. Die molare Sichtweise geht zurück auf Baum und Rachlin (1969, PDF 1,74 MB), ausgearbeitet von Baum (1973, PDF 2,71 MB). Baum (2003) erläutert die Unterschiede zwischen den beiden Sichtweisen.

Ein Beispiel für den Unterschied zwischen molekularer und molarer Sichtweise ist die Betrachtung von Münzwürfen. Die molekulare Sichtweise fragt, warum dieser eine Münzwurf „Kopf“ oder „Zahl“ ergeben hat und sucht nach Ursachen in der unmittelbaren Situation. Nur die molare Sichtweise kennt dagegen das Konzept der Wahrscheinlichkeit. Bei einem einzelnen Münzwurf ist es unsinnig, zu sagen, der Wurf ergebe mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,5 „Kopf“. Betrachtet man aber viele Münzwürfe über die Zeit hinweg, dann ist es sehr wohl sinnvoll, eine Wahrscheinlichkeit anzugeben.

Der Begriff der „Auftretenswahrscheinlichkeit“ eines Verhaltens ist nur dann sinnvoll, wenn man den Verhaltensstrom über die Zeit hinweg betrachtet. Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit, beim Würfeln eine „6“ zu bekommen nur dann ein Sechstel, wenn man viele Würfe hintereinander betrachtet.

Aus molekularer Sicht heraus ist jede einzelne Verhaltensweise ein einzelnes Vorkommnis, die Häufigkeit des Verhaltens ist eine abgeleitete Größe. Aus molarer Sicht ist es genau umgekehrt: Das Verhaltensmuster (die Verhaltenshäufigkeit) ist die konkrete Größe, die momentane Handlung ist das Abstrakte. Die Verhaltenshäufigkeit existiert als ein Muster des Verhaltens über die Zeit hinweg. Da jedes Verhalten Zeit braucht, ist die Idee einer Verhaltensweise zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Abstraktion, eine abgeleitete Vorstellung nach dem Ereignis. Zum Beispiel ist das Picken einer Taube auf eine Scheibe ein Verhaltensmuster über die Zeit hinweg, das den Bruchteil einer Sekunde dauert. Wie klein man den Zeitraum fasst und wie weit man das Picken in Unter-Handlungen aufteilt, ist eine Frage des Forschungsinteresses und nichts, was von Natur aus gegeben wäre.

Die molekulare Betrachtungsweise bedingt, dass Verstärker immer unmittelbar auf das Verhalten folgen müssen. Aus molarer Sicht sollten Verstärker mit den Verhaltensmustern, die sie verstärken, kovariieren. Die molekulare Sichtweise ist verbreiteter, denn ihr hilft das Vorurteil, dass Ursachen den Wirkungen immer unmittelbar vorausgehen müssen.

Um etwa Vermeidungsverhalten zu erklären, muss der molekulare Behaviorist auf eine Zwei-Faktoren-Theorie zurückgreifen. Es muss eine Vermeidungshandlung geben, auf die ein Verstärker folgt. Wenn es keinen Verstärker gibt, muss man einen erfinden, z. B. die Reduzierung der Angst vor dem vermiedenen Reizereignis. Angst ist jedoch ein Verhalten, sie kann nicht anderes (offenes) Verhalten (negativ) verstärken. Oft ist auch kein angstauslösender Reiz vorhanden, der durch das Vermeidungsverhalten beendet oder vermieden wird. Der molekulare Behaviorist muss nun auch diesen Reiz erfinden, etwa indem er ihn „im Geiste“ der Person vorhanden sein lässt.

Die molare Sichtweise auf das Vermeidungsverhalten ist eine andere. Vermeidungsverhalten tritt auf, weil während des Vermeidungsverhaltens die Häufigkeit des schädlichen Ereignisses geringer ist, als wenn das Vermeidungsverhalten nicht gezeigt wird. Menschen vermeiden z. B. sensible Themen in Gesprächen, um die Wahrscheinlichkeit, dass es zu peinlichen Situationen kommt, zu verringern. Menschen schließen Versicherungen ab, um die Wahrscheinlichkeit, dass sie finanzielle Härten erleiden müssen, zu verringern.

Ein anderes Beispiel, das den Unterschied zwischen der molekularen und der molaren Sichtweise auf das Verhalten verdeutlicht, ist das regelgeleitete Verhalten. Regelgeleitetes Verhalten ist ein Problem für den molekularen Behavioristen, weil es wegen der langfristigen Konsequenzen auftritt (z. B. jetzt lernen, um später die Prüfung zu bestehen). Aus Sicht des molekularen Behavioristen muss es also eine unmittelbar wirksame Konsequenz geben, die das Verhalten aufrechterhält. Mallott (2001, PDF 2,53 MB)

) z. B. nimmt an, dass Gedanken und Selbstbestrafungen das regelgeleitete Verhalten aufrechterhalten. Wir verhalten uns regelgeleitet, weil wir die unangenehmen Gedanken (z. B. das „schlechte Gewissen“), vermeiden oder beenden wollen, die mit dem Verzicht auf dieses Verhalten verbunden wären. Auch hier wird eine hypothetische unmittelbare Ursache erfunden, um das unmittelbare Verhalten zu erklären.

Aus molarer Sicht dagegen ist eine Regel ein diskriminativer Stimulus, der von einer Person erzeugt wird, die das Verhalten einer anderen Person kurzfristig verstärkt, wenn sie sich nach dieser Regel verhält (ich lerne und werde gelobt). Langfristig wird das Verhalten aufgrund der Wirkung der Regel an sich verstärkt (ich lerne und bestehe die Prüfung). Die Regel muss dafür nicht „internalisiert“ werden.

Verhalten beinhaltet immer eine Entscheidung, sich zu einem bestimmten Zeitpunkt so und nicht anders zu verhalten. Aus molarer Sicht ist dieses Muster die interessierende Größe. Aus molekularer Sicht dagegen hat jedes Verhalten eine bestimmte Reaktionsstärke, die im Moment nicht beobachtbar ist. Gegenstand der molekularen Sicht ist das einzelne Verhalten. Die molare Sicht beschäftigt sich mit dem Verhaltensmuster. Eine nicht-beobachtbare Reaktionsstärke muss nicht angenommen werden.

Auch in praktischer Hinsicht ist die molare Sicht von Vorteil. Sie ermöglicht mehr Flexibilität in Hinsicht auf die Ziele und Behandlungsoptionen. Statt nach der Verhaltenshäufigkeit fragt man eher nach der Zeit, die auf bestimmte Verhaltensweisen verwendet wird. Man zählt also nicht Häufigkeiten sondern man misst die Zeit.

Literatur

Baum, William M. (2003). The molar view of behavior and its usefulness in behavior analysis. The Behavior Analyst Today, 4(1), 78-81.

PDF der Zeitschrift 1,42 MB

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Eingeordnet unter Philosopie, radikaler Behaviorismus, Verhaltensanalyse

Theory and Philosophy Conference

Anfang November 2012 besuchte ich die Theory and Philosophy ConferenceInn and Spa at Loretto, Santa Fe der Association for Behavior Analysis International in Santa Fe. Abgesehen davon, dass Santa Fe sehr nett ist, konnte ich auch einiges in Hinsicht auf das Konferenzthema für mich mitnehmen. Besonders haften geblieben sind mir die Beiträge von William Baum und Howard Rachlin. Beide vertreten den sogenannten molaren Ansatz der Verhaltenswissenschaft (mehr dazu später).

Beide betonen auch die Nähe der Verhaltensanalyse zur Biologie. Die Ähnlichkeit von operantem Konditionieren und der biologischen Evolution wird schon bei Skinner (1984) diskutiert (vgl. die Ausführungen zum „Selektionismus“ auf diesem Blog).

Baum betrachtet Verhalten explizit als phänotypische Plastizität. Ähnlich wie sich ein Chamäleon seiner Umgebung äußerlich anpasst, dient Verhalten dazu, sich der Umwelt anzupassen. Er betont den fließenden Übergang zwischen biologischer Evolution und der ontogenetischen Anpassung des Verhaltens. Oft kann man nicht letztgültig sagen, ob ein bestimmtes Merkmal „ererbt“ oder „erworben“ wurde, man wird aber feststellen können, dass es adaptiv ist.

Er bezieht sich auf Richard Dawkins, der Organismen als Behältnisse für die DNS betrachtet, die deren Überleben und Reproduktionserfolg dienen. Baum definiert: Organismen gibt es, damit sie sich verhalten können, damit sie die Umwelt, in der sie sich befinden, verändern / modifizieren können. Wir haben einen Körper, damit wir uns verhalten können.

Bei Rachlin sind mir vor allem seine Bemerkungen zur Wahrnehmung haften geblieben. Verhaltensanalytiker betrachten Wahrnehmung als Verhalten. Wir sehen nur dann etwas bewusst, wenn wir uns gegenüber diesem Wahrgenommenen verhalten können. Die Gefangenen in Platos Höhlengleichnis würden nichts wahrnehmen, wenn sie von Geburt an in dieser Höhle waren.

Literatur

Skinner, B.F. (1984). Selection by consequences. The Behavioral and Brain Sciences, 7(4), 477-510.

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