Der Anfangsbuchstabe unseres Namens und die Zahlen unseres Geburtsdatums erscheinen uns nicht nur schöner als andere Buchstaben oder Zahlen. Diese Vorlieben haben auch einen, wenn auch geringen, Einfluss auf die Wahl unseres Berufs oder unseres Wohnorts. Eine neue Studie zeigt, dass es bei den Vorlieben für bestimmte Zahlen auch kulturelle Unterschied gibt: Der Tag, an dem Weihnachten ist und die Zahl, mit der in der Schule die beste Note gekennzeichnet wird, beeinflussen, welche Zahlen wir mögen und welche nicht.
Bereits seit längerem ist bekannt, dass Menschen die Buchstaben ihres Namens, speziell die Anfangsbuchstaben und die Ziffern ihres Geburtsdatums attraktiver finden als andere Buchstaben oder Zahlen (Nuttin, 1985; 1987; Kitayama & Karasawa, 1997). Man erfasst das in der Regel über die Frage „Wie sehr mögen Sie die folgenden Zahlen / Buchstaben?“. Wenn jemand am 18. Geboren ist, wird er diese Zahl mehr mögen als andere Zahlen.
Oberflächlich betrachtet erscheint das trivial. Dennoch beeinflusst dieser Effekt unsere Lebensentscheidungen. Buchstaben- und Zahlenpräferenzen haben Einfluss darauf, für welche Firma man arbeitet (Anseel & Duyck, 2008) und welche Produkte man bevorzugt einkauft (Hodson & Olson, 2005). Eine gewisse Berühmtheit erlangte dieser Effekt, als man herausfand, dass er auch mitbestimmt, in welcher Stadt man wohnt (Pelham et al., 2002; vgl. aber auch Gallucci, 2003). Zum Beispiel leben mehr Menschen mit dem Namen „Lois“ in St. Louis, als man per Zufall erwarten könnte. Menschen, die am dritten Tag eines Monats geboren sind, leben eher in Städten, die eine „Drei“ im Namen haben (z. B. „Dreilinden“) als in Städten, die andere Zahlennamen enthalten („Fünfeichen“). Zudem beeinflusst dieser Effekt auch, ob jemand ins Gefängnis kommt oder nicht (Kalist & Lee, 2009) und führt unter Umständen sogar zu einer geringeren Lebenserwartung (Abel & Krüger, 2007). Auch für Wahrsager, Astrologen und Numerologen dürfte dieser Effekt interessant sein, erlaubt er ihnen doch bei bekanntem Geburtsdatum Rückschlüsse auf das Verhalten und die Vorlieben ihrer Klienten.
Aus verhaltensanalytischer Sicht handelt es sich bei den bevorzugten Zahlen und Buchstaben um konditionierte Verstärker. Der Anfangsbuchstabe des eigenen Namens und das Geburtsdatum sind bisweilen mit anderen Verstärkern verknüpft, z. B. Geburtstagsgeschenken. Aber auch davon abgesehen ist der Anfangsbuchstabe des eigenen Namens bedeutsam, z. B. wenn wir auf einer alphabetisch sortierten Liste unseren Namen suchen. Finden wir den Namen, wird das Verhalten, den Namen auf der Liste zu suchen, verstärkt und zugleich auch der Anblick der Buchstaben unseres Namens.
Neben dem eigenen Namen und dem Geburtstag sollten auch andere Faktoren Einfluss auf unsere Buchstaben- und Zahlenpräferenzen nehmen. So würde ich als sicher voraussetzen, dass Menschen, die gerne Würfel spielen, auch außerhalb des Würfelspiels die „6“ attraktiver finden als die „1“.
Stieger und Krizan (2013) untersuchten kulturelle Einflüsse auf die Zahlenpräferenz. In sechs Ländern befragten sie insgesamt 657 Versuchspersonen nach deren bevorzugten Zahlen. Dabei fanden sie einen deutlichen Einfluss des in diesem Land üblichen Benotungssystems auf die Zahlenpräferenz. So ist die beste Note in Deutschland und Österreich eine „1“, in Ungarn und Kroatien eine „5“. Die Forscher gaben ihren Versuchspersonen eine Liste von Zahlen und ließen diese auf einer Likert-Skala von 1 („mag ich überhaupt nicht“) bis 7 („mag ich sehr gerne“) bewerten. In den Ländern mit einer „1“ als bester Note wurde die 1 deutlich besser (im Schnitt mit 5,5) beurteilt als in den Ländern, in denen die „1“ die schlechteste Note ist (im Schnitt 4,5). Umgekehrt war die 5 bei den Österreichern eher unbeliebt (durchschnittlicher Skalenwert 4,5), in Ungarn und Kroatien dagegen recht beliebt (im Schnitt 6,0). In den USA, wo die Noten von „A“ bis “F“ gehen, gab es keinen Unterschied in der Beliebtheit von 1 und 5 (5,1 und 5,0 auf der Likert-Skala).
Stieger und Krizan (2013) vermuteten zudem einen Einfluss des Datums, an dem Weihnachten gefeiert wird, auf die Zahlenpräferenz. In einigen Ländern (USA) bekommt man die Geschenke am 25.12., in anderen Ländern am 24.12. In Ländern mit Geschenkübergabe am 24.12. war die 24 beliebter als die 25 (4,89 vs. 4,58). In den Ländern, in denen die Bescherung am 25.12. stattfindet, war dagegen die 25 beliebter als die 24 (4,96 vs. 4,74).
Die Unterschiede in der Beliebtheit der Zahlen waren zwar gering, jedoch allesamt signifikant.
Literatur
Abel, Ernest L. & Kruger, Michael L. (2007). Symbolic significance of initial on longevity. Perceptual and Motor Skills, 104(1), 179-182.
Aneel, Frederik & Duyck, Wouter. (2008). Unconscious applicants: A systematic test of the name-letter effect. Psychological Science, 19(10), 1059-1061. PDF 88 KB
Gallucci, Marcello. (2003). I sell seashells by the seashore and my name is Jack: Comment on Pelham, Mirenberg, and Jones (2002). Journal of Personality and Social Psychology, 85(5), 789-799.
Hodson, Gordon & Olson, James M. (2005). Testing the generality of the name-letter effect: Name initials and everyday attitudes. Personality and Social Psychology Bulletin, 31(8), 1099-1111. PDF 151 KB
Kalist, David E. & Lee, Daniel Y. (2009). First names and crime: Does unpopularity spell trouble? Social Science Quarterly, 90(1), 39-49. PDF 90 KB
Kitayama, Shinobu & Karasawa, Mayumi. (1997). Implicit self-esteem in Japan: Name letters and birthday numbers. Personality and Social Psychology Bulletin, 23(7), 736-742. PDF 1,39 MB
Nuttin, Jozef M. (1985). Narcissism beyond Gestalt and awareness: The name letter effect. European Journal of Social Psychology, 15(3), 353-361. PDF 594 KB
Nuttin, Jozef M. (1987). Affective consequences of mere ownership: The name letter effect in twelve European languages. European Journal of Social Psychology, 17(4), 381-402. PDF 1,49 MB
Pelham, Brett W.; Mirenberg, Matthew C. & Jones, John T. (2002). Why Susie sells seashells by the seashore: Implicit egotism and major life decisions. Journal of Personality and Social Psychology, 82(4), 469-487.
Stieger, Stefan & Krizan, Zlatan. (2013). Cultural influences on number preferences: Christmas and grading system. The Psychological Record, 63(1), 185-192.