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Hunde erkennen Krankenhauskeime

Hunde (und andere Tiere) können mit ihrem überlegenen Geruchssinn das Vorhandensein von Krankenhauskeimen anzeigen – wenn sie dazu mit verhaltensanalytischen Methoden trainiert wurden.

Clostridium difficile ist ein Darmbakterium, das vor allem in Krankenhäusern immer wieder zu schweren Erkrankungen führen kann. Das Vorhandensein von C. difficile im Stuhl wird üblicherweise durch eine Zellkultur nachgewiesen. Dieser Test ist sehr sensitiv, mit ihm können fast alle Fälle einer Infektion nachgewiesen werden. Er gilt aber auch als nicht sehr spezifisch, d. h. auch Proben, die eigentlich kein C. difficile enthalten, werden gelegentlich als „positiv“ erkannt. Der Test benötigt rund ein bis zwei Tage Zeit, bis er ein Resultat liefert. Vom Auftreten erster Symptome (z. B. Durchfall) bis zum Beginn der Behandlung vergehen daher, verschiedenen Studien zufolge, im Schnitt zwischen 2,8 und 7,7 Tagen. Bis dahin hat der Keim reichlich Gelegenheit, sich weiter auszubreiten.

C. difficile kann von erfahrenem Krankenhaus- und Laborpersonal auch am Geruch der Stuhlprobe des Patienten erkannt werden. Angeblich riecht eine entsprechende Probe leicht nach Pferdemist. Geschultes Personal kann infizierte Proben mit einer Trefferquote von 55 % bis 82 % (Sensitivität) korrekt identifizieren, nicht infizierte Proben werden zu 77 % bis 83 % (Spezifität) als solche erkannt.

Bild von einem Hund

Hunde verfügen über einen hervorragenden Geruchssinn

Hunde können um ein Vielfaches besser riechen als Menschen. Ein Team niederländischer Forscher (Bomers et al., 2012) trainierte den zweijährigen Beagle Cliff darin, den Geruch von C. difficile anzuzeigen. Zunächst wurden kleine Holzstäbchen über Nacht über einer Kultur mit C. difficile aufgehängt, sodass diese den Geruch annehmen konnten (später sollte sich zeigen, dass es genügt, die Holzstäbchen für nur fünf Minuten über die Petrischale zu halten). Cliff wurde sodann an den Holzstäbchen vorbeigeführt und nach und nach (durch die verhaltensanalytische Methode des Shaping) darin trainiert, sich dann vor dem Holzstäbchen auf den Boden zu setzen oder zu legen, wenn dieses Holzstäbchen nach C. difficile roch. War seine Wahl korrekt, wurde er mit kleinen Futterhappen belohnt. Dies wurde in verschiedenen Umgebungen mit verschiedenen Trägermaterialen (statt des Holzstäbchens) trainiert, die Intensität des Geruchs wurde nach und nach verringert. Nach diesem Training war Cliff in der Lage, Stuhlproben mit C. difficile zu 100 % (Sensitivität) richtig zu identifizieren. Bei keiner Stuhlprobe ohne C. difficile zeigte Cliff fälschlich das Vorhandensein des Bakteriums an (100 % Spezifität). Cliff benötigte für seine Entscheidung zudem nur wenige Sekunden.

Die Forscher gingen noch einen Schritt weiter. Auf einem Krankenhausflur, in dessen Zimmern mehrere Patienten mit und ohne eine Infektion mit C. difficile untergebracht waren, übte Cliff, ob er auch hier die Anwesenheit des Keims allein aufgrund des Geruchs, den die Patienten ausströmten, anzeigen konnte. Cliff sollte sich vor die geöffnete Tür des Krankenzimmers setzen oder legen, wenn er C. difficile roch. Auch dies gelang ihm mit erstaunlicher Sicherheit: 25 von 30 Patienten, die C. difficile in sich trugen, konnte er richtig identifizieren (Sensitivität 83 %). Bei 265 von 270 Patienten, die keine Infektion mit C. difficile hatten, zeigte Cliff dies auch richtig an, indem er an deren Zimmer vorbeilief, ohne sich hinzusetzen oder zu legen (Spezifität 98 %). Für das Screening der Patienten eines Krankenhausflures benötigte Cliff im Schnitt weniger als zehn Minuten.

Literatur

Bomers, Marije K.; van Agtmael, Michiel A.; Luik, Hotsche; van Veen, Merk C.; Vandenbroucke-Grauls, Christina M. J. E. & Smulders, Yvo M. (2012). Using a dog’s superior olfactory sensitivity to identify Clostridium difficile in stools and patients: Proof of principle study. BMJ, 345 (e7396), 1-8. doi: 10.1136/bmj.e7396. PDF 625 KB

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Wie man unbeliebte zu beliebten Aufgaben macht – Teil 2

Reed et al. (2012) wiederholten die Studie von Green et al. (2008) unter anderen Bedingungen. Die Teilnehmer waren acht Beschäftigte die in zwei verschiedenen Gruppen einer Einrichtung für behinderte Kinder und Jugendliche arbeiteten. Die Mitarbeiter mussten neben der direkten Arbeit mit den Kindern auch einige organisatorische und Reinigungsaufgaben erledigen. Diese Aufgaben (z. B. Wiederauffüllen der Schränke, Reinigen der Arbeitsplätze etc.) waren mehr oder weniger unbeliebt. Im Gegensatz zur Studie von Green et al. (2008) ließen sich diese Aufgaben auch nicht so verändern, dass sie dann attraktiver wurden (Kinderspucke vom Tisch aufwischen bleibt unangenehm, egal, wie man die Arbeit gestaltet).

Zunächst wollten Reed et al. (2012) herausfinden, welche dieser Aufgaben die unbeliebtesten waren. Ebenfalls anders als bei Green et al. (2008) legten sie die Beliebtheit der Aufgabe nicht mittels einer einfachen Befragung fest. Sie ließen die Mitarbeiter mehrfach unter realen Bedingungen nach einem Verfahren, dass Tiger et al. (2006) entwickelt hatten, wählen. Hierzu sollte jeder Mitarbeiter auf einen Zettel schreiben, welche Aufgabe er am liebsten, welche er am zweitliebsten usw.  erledigen wollte. Der Vorgesetzte loste dann zu Schichtbeginn einen der acht Mitarbeiter, der dann entscheiden konnte, welche Aufgabe er übernehmen wollte. Die restlichen Mitarbeiter wurden per Zufall auf die anderen Aufgaben verteilt. Gegen Ende dieser Basisratenerhebung (die in der einen Gruppe acht, in der anderen 16 Tage umfasste) stand fest, welche Aufgaben die unbeliebtesten waren (in einer Gruppe das Reinigen den Fußbodens, in der anderen das Reinigen der Arbeitsplätze der Schüler). Anschließend diskutierten die Forscher mit den Mitarbeitern, welche Anreize das Übernehmen der unbeliebtesten Aufgabe attraktiver machen könnten. In einer Gruppe wollten die Beschäftigten ihre Mittagspausenzeit frei wählen dürfen, in der anderen Gruppe wollten sie den Schülern, mit dem sie arbeiteten, selbst bestimmen können. Die Mitarbeiter sollten weiterhin jeden Morgen notieren, welche Aufgabe sie am liebsten übernehmen wollten. Weiterhin loste auch der Vorgesetzte aus, wer welche Aufgabe übernehmen sollte. Derjenige Mitarbeiter, der die ursprünglich am wenigsten beliebte Tätigkeit zugelost bekam (das Reinigen des Bodens oder das Reinigen der Arbeitsplätze), erhielt ab jetzt aber auch das in der Diskussion vereinbarte Privileg (er durfte die Mittagspause selbst bestimmen oder entscheiden, mit welchen Schüler er arbeiten wollte). In den folgenden acht bis 16 Tagen veränderte sich die Wahl der Mitarbeiter, welche Aufgabe die beliebteste, welche die zweitbeliebteste usw. war. Sechs Mitarbeiter zeigten nun eine Präferenz für die Aufgabe, die zuvor die unbeliebteste war. Die anderen zwei Mitarbeiter zeigten nun keine ausgeprägte Präferenz oder Abneigung mehr, d. h. die Unterschiede zwischen beliebten und unbeliebten Tätigkeiten verwischten. Eine Befragung der Mitarbeiter zeigte, dass diese die Intervention als  angenehm empfanden.

Literatur

Green, Carolyn W.; Reid, Dennis H.; Passante, Susan & Canipe, Vicki. (2008). Changing less-preferred duties to more-preferred: A potential strategy for improving supervisor work enjoyment. Journal of Organizational Behavior Management, 28(2), 90-109.

Reed, Derek D.; DiGennaro Reed, Florence D.; Campisano, Natalie; Lacrouse, Kristen & Azulay, Richard L. (2012). Assessing and increasing staff preference for job tasks using concurrent-chains schedules and probabilistic outcomes. Journal of Organizational Behavior Management, 32(3), 253-262.

Tiger, Jeffrey H.; Hanley, Gregory P. & Heal, Nicole A. (2006). The effectiveness of and preschoolers’ preference for variations of multiple-schedule arrangements. Journal of Applied Behavior Analysis, 39(4), 475-488. PDF 520 KB

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Wie man unbeliebte zu beliebten Aufgaben macht – Teil 1

Die Arbeitszufriedenheit von Mitarbeitern lässt sich steigern, indem man weniger beliebte Aufgaben zu beliebteren macht. Wie das geht, demonstrierten Carolyn Green und ihre Kollegen (2008). Ihre Versuchspersonen waren vier Vorgesetzte in einer Einrichtung mit drei Wohngruppen für mehrfach behinderte Menschen. In jeder Wohngruppe lebten acht bis zehn Personen, die ständig von mindestens drei Pflegern betreut wurden. Drei der Versuchspersonen (Ms. Tome, Ms. Jones und Mr. Davis) waren die Vorgesetzten dieser Pfleger, eine Versuchsperson (Ms. Noel) war die Vorgesetzte dieser Vorgesetzen. Aufgrund von Tätigkeitsbeschreibungen und von Befragungen wurde eine Liste mit zwölf Aufgaben (für die drei direkten Vorgesetzten) bzw. acht Aufgaben (für Ms. Noel) erstellt. Die Versuchspersonen sollten nun auf einer Skala von eins bis sieben einschätzen, ob diese Aufgabe für sie eher angenehm oder unangenehm war (Rating) und sie sollten für diese Aufgaben eine Rangfolge der Beliebtheit erstellen (Ranking). Diese Aufgabe wurde den Versuchspersonen mehrfach gestellt, um so erfassen zu können, ob sich die Beliebtheit der einzelnen Aufgaben veränderte. Während der Erfassung der Basisrate wurden diese Fragen jeder Versuchsperson mindestens drei Mal vorgegeben, um so einen stabilen Wert zu erhalten. Zudem wurde über die gesamte Dauer der Maßnahme die Qualität, mit der die Vorgesetzten die einzelnen Aufgaben erfüllten, anhand von Checklisten erfasst. Diese Checklisten waren mit Hilfe der Versuchspersonen und der Heimleitung erstellt worden.

Zwei der Versuchspersonen, Ms. Tome und Ms. Jones, gaben während der Erfassung der Basisrate an, dass das Erstellen der monatlichen Entwicklungsberichte die unangenehmste ihrer Aufgaben ist. Ms. Noel, die Vorgesetzte der Vorgesetzten, gab an, dass das Überprüfen der Zeitlisten ihre unbeliebteste Arbeit war. Mr. Davis fand die einmal im Monat erforderliche Beobachtung der Arbeit seiner Mitarbeiter am unangenehmsten.

Nun wurden die Versuchspersonen einzeln interviewt, welche Aspekte der jeweils unbeliebtesten Aufgabe bewirkten, dass sie diese als unangenehm empfanden. Sowohl beim Erstellen der Entwicklungsberichte als auch beim Überprüfen der Zeitlisten fanden die Versuchspersonen, dass die ständigen Unterbrechungen durch andere Pflichten die Aufgabe erschwerten. Mr. Davis hatte das Gefühl, dass die Mitarbeiter, deren Arbeit er beobachten sollte, die Beobachtungen unangenehm fanden und ablehnten.

Die eigentliche Intervention bestand aus zwei Komponenten. Die Forscher veränderten die unangenehme Aufgabe dadurch, dass sie unangenehme Komponenten der Situation entfernten und angenehme Komponenten hinzufügten. Konkret bedeutete dies, dass Ms. Noel, Ms. Tome und Ms. Jones für das Erstellen der Entwicklungsberichte bzw. für das Überprüfen der Zeitlisten einen extra Raum zur Verfügung gestellt bekamen. Dadurch fiel der unangenehme Aspekt der Aufgabe, ständig unterbrochen zu werden, weg. Hinzu kam, dass die Mitarbeiterinnen in diesem Büro, wo sie ungestört arbeiten konnten, eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken bekamen. Mr. Davis’ Aufgabe wurde dadurch attraktiver gemacht, dass die Beobachtungen der Mitarbeiter in einer Lotterie resultierten. Jeder Mitarbeiter von Mr. Davis, der bei seiner Beobachtung ein bestimmtes Kriterium erfüllte, nahm an einer Lotterie teil, bei der es Preise, die von örtlichen Geschäften gestiftet worden waren, zu gewinnen gab. Dadurch nahmen die Forscher den unangenehmen Aspekt der Aufgabe weg, dass die Mitarbeiter von Mr. Davis auf die Beobachtungen ablehnend reagierten und fügten zugleich den angenehmen Aspekt hinzu, dass die Aufgabe so erfreulicher wurde. Die Mitarbeiter freuten sich nun auf die Beobachtung, da diese die vorausgehende Bedingung der Lotterie war.

Sowohl die Mitarbeiter von Mr. Davis als auch alle Versuchspersonen wurden am Ende der Maßnahme befragt, ob sie die Veränderungen gut fanden und beibehalten wollten. Alle betroffenen Personen fanden die Maßnahmen sehr gut und gaben an, dass sich ihre Arbeitszufriedenheit sehr verbessert habe (auf einer Skala von 1 bis 7 wurde immer der Wert „7“ – extrem verbessert – angekreuzt).

Auch die Beliebtheit der Aufgaben verbesserte sich durch die ergriffenen Maßnahmen. Bei drei Versuchspersonen wurde aus der ehedem unbeliebtesten Aufgabe die beliebteste oder eine der beliebtesten, bei der vierten Versuchspersonen wurde die Aufgabe zumindest eine mehr oder weniger beliebte. Diese Veränderung hielt auch über mehrere Wochen an, auch eine Nachbefragung nach acht Wochen erbrachte dasselbe Ergebnis. Die Qualität der Arbeit der Versuchspersonen blieb über die gesamte Maßnahme hinweg auf sehr hohem Niveau. Die Qualität der Beobachtungen, die Mr. Davis durchführen musste, verbesserte sich von der Basisrate zur Maßnahme hin auf einem Index von 80% zu 100% (was bedeutete, dass er die Aufgabe ab Beginn der Maßnahmen immer perfekt erledigte).

Literatur

Green, Carolyn W.; Reid, Dennis H.; Passante, Susan & Canipe, Vicki. (2008). Changing less-preferred duties to more-preferred: A potential strategy for improving supervisor work enjoyment. Journal of Organizational Behavior Management, 28(2), 90-109.

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