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Berufliche Mobilität und Stress

Die Lebensumstände, weniger die Persönlichkeit, prägen, wie wir uns fühlen. Für viele Berufstätige stellt die Mobilität, die der Beruf mit sich bringt, eine erhebliche Belastung dar. Das Wohlbefinden verschlechtert sich und das Risiko von Depressionen ist erhöht, wenn man ständig unterwegs und von zuhause getrennt ist. Dies zeigt eine Studie von Forschern der Universität Mainz.

Schneider et al. (2009) befragten 7220 Berufstätige nach dem Ausmaß der beruflichen Mobilität und verschiedenen Indikatoren des Stresserlebens. 2432 Personen gaben an, beruflich bedingt mobil zu sein (Fernpendeln im Sinne von mindesten zwei Stunden täglich zur Arbeit fahren, Wochenendpendler sein, viele Dienstreisen machen usw.), der Rest arbeitete mehr oder weniger am Wohnort. Umzüge scheinen nur kurzzeitige Belastungen mit sich zu bringen. Dagegen haben Fern- und Wochenendpendler dauerhaft Stress.

Einige Ergebnisse: Zwei Drittel aller Mobilen geben an, häufig unter Zeitdruck zu stehen. Insbesondere haben sie in einer Partnerschaft wenig Zeit für den Partner. Bei Eltern mit Kindern ist das Stressempfinden nochmals wegen der Sorgen um die Kinder und der Konflikte mit dem Partner erhöht. Bei Fernpendlern und Multi-Mobilen (solchen, die sowohl pendeln als auch viele Dienstreisen machen) mit Kindern ist das Risiko für erhöhtes Stressempfinden 2fach gegenüber den Nicht-Mobilen erhöht. Bei Wochenendpendlern ist dieses Risiko noch einmal um das Fünffache erhöht. Dabei sind die Mobilen mit ihrer Partnerbeziehung nicht signifikant weniger zufrieden als die Nicht-Mobilen. Konflikte in der Partnerbeziehung ergeben sich jedoch, wenn der Umzug ansteht: „Der Befund ist insofern plausibel, als der nicht mobile, mitziehende Partner oftmals seine Berufstätigkeit und sozialen Kontakte aufgeben muss“ (S. 407). Zuvor musste er lediglich den Partner entbehren, hatte aber keine anderen nachteiligen Veränderungen zu erdulden.

Fernpendler berichten von einem schlechten allgemeinen Gesundheitszustand, einer erhöhten generellen Stressbelastung und häufigeren depressiven Verstimmungen.

Insgesamt, so die Autoren, fallen die Unterschiede zwischen den Mobilen und die Nicht-Mobilen geringer aus als erwartet. Der Grund dafür dürfte ein Selektionseffekt sein. Gesunde und robuste Menschen wählen eher einen mobilen Lebensstil und Mobile, die höhere Belastungen empfinden, neigen eher dazu, die Mobilität einzuschränken. Die trotz der Mobilität guten Partnerbeziehungen der Mobilen könnten auch der Ergebnis einer Selektion sein. Labilere Paare trennen sich während der Mobilität eines Partners, während die stabilen Paare, die über gute Bewältigungsstrategien verfügen, zusammenbleiben.

Schneider et al. (2009) raten Arbeitgebern, Maßnahmen zur Reduzierung der Belastungen mobiler Mitarbeiter zu ergreifen. Die Möglichkeit zur Heimarbeit ist wichtig: „Bei Fern- und Wochenendpendlern sinkt die mobilitätsbedingte Belastung deutlich, wenn sie einen Tag pro Woche auch zuhause arbeiten können“ (S. 401).

Literatur

Schneider, N. F.; Rüger, H. & Münster, E. (2009). Berufsbedingte räumliche Mobilität in Deutschland. Formen, Verbreitung und Folgen für Gesundheit, Wohlbefinden und Familienleben. Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin, 44(7), 400-409.

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Leistungslohn: Ein Weg zur Selbstausbeutung?

Wenn man Mitarbeiter nach Leistung bezahlt, arbeiten sie mehr und finden das auch gut. Sie merken aber selbst, dass sie dadurch mehr Stress haben. Gibt man ihnen die Wahl, ob sie lieber nach Zeit oder nach Leistung bezahlt werden möchten, entscheiden sie sich nicht einheitlich für das eine oder das andere Modell.

Wenn Beschäftigte lediglich einen Zeitlohn (pay for time, PFT) erhalten, arbeiten sie generell weniger, als wenn sie nach der Leistung bezahlt werden (pay for performance, PEP). Dies gilt sowohl in der beruflichen Realität als auch in Experimenten, insbesondere dann, wenn die Beschäftigten Zugang zum Internet haben und sich unterhalten können (Oah & Lee, 2011).

Long et al. (2012) ließen drei Versuchspersonen eine simulierte Arbeit durchführen. Sie sollten die Daten auf Schecks 15 Minuten lang in einem Computer erfassen. Diese Termine wurden zwei- bis dreimal am Tag und mindestens zwei- bis dreimal in der Woche durchgeführt. Zunächst wurde über mehrere (13 bis 21) Sitzungen hinweg erfasst, wie viele Schecks die Versuchsperson erfassen konnte, wenn sie dafür nicht bezahlt wurde. Den Versuchspersonen wurde nur gesagt, sie sollten 15 Minuten lang so viele Schecks erfassen, wie sie wollten. Die Versuchspersonen konnten in einer Minute im Schnitt 13,7, 18,8 und 17,8 Schecks erfassen. Anschließend fanden Termine statt, an denen die Versuchspersonen entweder Zeitlohn erhielten oder aber nach Leistung bezahlt wurden. Welche Bedingung galt, wurde zu Beginn der Sitzung per Los entschieden. In der Leistungslohnbedingung erhielt die Versuchsperson 2 Cent je korrekt bearbeiteten Scheck. In der Zeitlohnbedingung bekamen die Versuchspersonen einen Betrag, der sich an der durchschnittlichen Zahl der in der Basisratenbedingung je Termin erfassten Zahl an Schecks orientierte. Die drei Versuchspersonen erhielten unter dieser Bedingung $ 3,25, $ 6,22 und $ 5,83 je 15minütiger Sitzung.

Die Versuchspersonen bearbeiteten generell in der Leistungslohnbedingung mehr Schecks als in der Zeitlohnbedingung: 26,3, 29,1 und 20,5 bei Leistungslohn sowie 19,1, 16,5 und 12,8 bei Zeitlohn. Zudem arbeiteten sie intensiver, d. h. ohne größere Pausen oder Leerlauf. Wenn sie nicht arbeiteten, gingen die Versuchspersonen zumeist ins Internet oder spielten an ihren Mobiltelefonen herum.

An den letzten drei bis fünf Terminen durften die Versuchspersonen wählen, ob sie lieber nach Leistung oder nach Zeit bezahlt werden wollten. Eine Versuchsperson wählte nur den Leistungslohn und erzielte hier ähnlich gute Resultate wie zuvor unter dieser Bedingung. Eine Versuchsperson wählte einmal Leistungslohn und dreimal Zeitlohn und erzielte auch jeweils ähnliche Resultate wie zuvor, als sie den Bezahlungsmodus nicht selbst wählen konnte. Die dritte Versuchsperson wählte zweimal Leistungslohn und dreimal Zeitlohn, ebenfalls mit vergleichbaren Ergebnissen.

Obwohl sie damit mehr Geld verdienen konnten, wählten die Versuchspersonen nicht einheitlich den Leistungslohn. In einer Befragung gaben die Versuchspersonen an, dass sie den Leistungslohn zwar gut fanden, weil sie mehr verdienten, dass sie ihn aber auch als stressiger empfanden.

Literatur

Long, Robert D. III; Wilder, David A.; Betz, Alison & Dutta, Ami. (2012). Effects of and preference for pay for performance: An analogue analysis. Journal of Applied Behavior Analysis, 45(4), 821-826. PDF 286 KB

Oah, Shezeen & Lee, Jang-Han. (2011). Effects of hourly, low-incentive, and high-incentive pay on simulated work productivity. Initial findings with a new laboratory method. Journal of Organizational Behavior Management, 31(1), 21-42.

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