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Kann sprachliches Verhalten durch einen behavioristischen Ansatz erklärt werden?

Zusammenfassung

Wenn man mit deutschen Psychologen über den Behaviorismus diskutiert, bekommt man – neben vielen Halbwahrheiten und Missverständnissen – ab und an zu hören, „seit Chomsky“ sei ja ohnehin ausgemacht, dass der behavioristischen Ansatz auf komplexes menschliches Verhalten nicht übertragbar sei. Die Proponenten dieser Behauptung beziehen sich dabei auf die Besprechung von B.F. Skinners Buch „Verbal Behavior“ (1957) durch den Linguisten Noam Chomsky (1959). Chomsky habe hier gezeigt, dass Skinners Anwendung des verhaltensanalytischen Erklärungsapparats auf sprachliches Verhalten fehlerhaft sei und dass der Behaviorismus zur Erforschung der menschlichen Sprache nicht tauglich sei. Interessanterweise haben die Anhänger dieser Legende – Chomsky hat Skinner „widerlegt“ – in der Regel weder das Buch „Verbal Behavior“ noch Chomskys Besprechung dazu gelesen. Bei einer genaueren Betrachtung von Chomskys Rezension aber beschleicht einen der Verdacht, dass auch Chomsky das von ihm besprochene Buch nicht richtig gelesen hat.

MacCorquodales Replik zu Chomsky

Sowohl was ihren Einfluss auf die Wissenschaft als auch was ihr Potenzial zur Erzeugung von Kontroversen angeht, sind sowohl Skinners Verbal Behavior (1957) als auch Chomskys Besprechung des Buches (1959) als echte Erfolge zu bezeichnen. Chomskys Besprechung war, milde ausgedrückt, unfreundlich. Sie besteht aus zwei Teilen: Im ersten kritisiert Chomsky Skinners analytischen Apparat, im zweiten folgt eine kurze und eher oberflächliche Kritik der Anwendung dieses Apparats auf sprachliches Verhalten. Chomskys Kritik wurde fast nie in systematischer Weise widersprochen, die Analyse von MacCorquodale (1970) steht hier einzig da. Der Grund dafür mag in dem Umstand liegen, dass Chomsky über weite Strecken einen Behaviorismus „widerlegt“, der so von niemandem (mehr) vertreten wird, am wenigsten von Skinner selbst. So verwendet er ganze sechs Seiten auf eine weitere Widerlegung der Trieb-Reduktions-Theorie der Verstärkung (die schon lange aus der Debatte verschwunden ist). Der hauptsächliche Grund für die Schweigsamkeit der Behavioristen zu Chomsky mag in dem Ton seiner Besprechung liegen: Sie ist, so MacCorquodale, „kleinlich bei Fehlern, herablassend, nachtragend, begriffsstutzig und schlecht gelaunt“ (S. 84, Übersetzung von CB). So bezeichnet Chomsky das einwandfrei sauber definierten Wort „Verhaltensantwort“ (response) ständig als einen „Begriff“ (notion), was das Wort irgendwie dubios erscheinen lässt. Die einzige nette Bemerkung in der Rezension findet sich in einer Fußnote.

MacCorquodale hält Chomskys Besprechung für durchaus beantwortbar. Obwohl sie sehr lang ist, sei sie in hohem Maße redundant: Tatsächlich lässt sie sich auf drei Krenaussagen reduzieren.

Obwohl seine Grundannahme eine empirische ist, enthält Skinners Buch keine empirischen Daten in Bezug auf sprachliches Verhalten. Chomsky hat selbst keinerlei Daten, um Skinners Hypothese zu widerlegen. Er hat sich auch nicht die Mühe gemacht, je irgendwelche Daten dahingehend vorzulegen. In der Tat gibt es bis heute keine Daten (die von Kognitivisten vorgebracht werden), die Skinners Hypothese widerlegen könnten. Dies sollte man bedenken, wenn man hört, dass Chomskys Arbeit zeige, dass sprachliches Verhalten nicht durch Skinners Form der funktionalen Analyse erklärt werden könne (so z.B. Fodor & Katz, 1964, S. 546). Chomsky hat nichts in der Art gezeigt, er hat es lediglich behauptet. Um so überraschender ist es, dass sich Chomsky nie auf eine von Skinners früheren Arbeiten bezieht (wie etwa Science and Human Behavior , 1953), in der die funktionale Analyse des Verhaltens erläutert wird und in der die Grundlagen für Verbal Behavior gelegt werden. Der Verdacht liegt nahe, dass Chomsky sich nie mit diesen Grundlagen auseinandergesetzt hat und deshalb auch nur das Zerrbild eines Behaviorismus, wie er es sich zusammengereimt hat, angreifen kann. Und, bei genauerer Betrachtung entsteht der Eindruck, auch Verbal Behavior hat Chomsky nie wirklich gelesen…

Chomskys erste Kritik an Verbal Behavior ist, dass es sich um eine ungetestete Hypothese handelt, die nicht ernsthaft diskutiert zu werden braucht (so MacCorquodale, 1970, S. 84ff). Zwar benutzen weder Skinner noch Chomsky das Wort „Hypothese“, im Gunde aber ist Verbal Behavior eine Hypothese, nichts anderes. Skinners Hypothese unterscheidet sich von gewöhnlichen psychologischen Hypothesen, insofern als sie keine Bezüge auf unbeobachtbare oder fiktionale Vorgänge enthält, sondern sich lediglich auf das von Menschen geäußerte sprachliche Verhalten bezieht. Seine Hypothese lautet, stark verkürzt, dass alles sprachliche Verhalten nach denselben Prinzipien funktioniert wie anderes Verhalten auch und dass es sich in den Begriffen von Stimulus, Verhalten und Verstärkung beschreiben und erklären lässt. Diese Hypothese mag sich als falsch erweisen, jedoch gilt es zu bedenken, dass diese Prinzipien sehr gut erforscht sind und dass sie sich als in einem erstaunlichen Maße artübergreifend gültig erwiesen haben: Vom Fisch bis zum Menschen, das operante Konditionieren funktioniert bei allen Arten auf dieselbe Art und Weise. Die Annahme, dass beim Menschen – speziell beim sprachlichen Verhalten – auf einmal ganz andere Prinzipien wirksam seien, ist demgegenüber ein außergewöhnliche Behauptung, zu deren Beweis es auch außergewöhnlich guter Belege bedürfte.

Ein Problem, das Psychologen mit dem Wort „Hypothese“ haben, ist, dass sie es mit „hypothetisch“ verwechseln. An Skinners Hypothese, sprachliches Verhalten folge denselben Prinzipien wie anderes Verhalten auch, ist aber nichts Dubioses oder Zweifelhaftes. Es handelt sich hier eher um eine „Null-Hypothese“, an der festzuhalten ist, bis eindeutige Daten sie wiederlegen. Skinners Problem besteht darin, dass keine Experimente zu dieser Hypothese (dass alles sprachliche Verhalten wie anderes Verhalten auch mit den Werkzeugen der Verhaltensanalyse erklärbar ist) möglich sind, wenngleich auch schon Verbal Behavior voller Beobachtungen ist. Seine Situation gleicht der eines Astronomen, der die Gezeiten erklärt: Er hat zahlreiche Belege für die Richtigkeit seiner Hypothese, jedoch kann er kein Experiment zu ihrer Prüfung durchführen. Die Hypothese als solche (die postulierte Gültigkeit der verhaltensanalytischen Gesetzmäßigkeiten für den Bereich der Sprache) ist nicht beweisbar sonder nur widerlegbar. Skinners Situation gleicht insofern der des Astronomen, als alle Menschen unter diesen Bedingungen die Sprache lernen und dass es z.B. nicht möglich ist, jemanden das Sprechen lernen zu lassen, ohne dass diese Gesetzmäßigkeiten eine Rolle spielen, genausowenig, wie der Astronom den Mond wegnehmen kann, um zu beweisen, dass dieser die Gezeiten verursacht. Wohl aber können sowohl Skinner als auch der Astronom zeigen, dass die Realität mit der Hypothese gut übereinstimmt.

Chomsky vermeidet das Wort „Hypothese“ zugunsten einiger eher pittoresker Ausdrücke: „Analogie, metaphorische Erweiterung, Illusion, Homonym“: All diese Ausdrücke beziehen sich lediglich auf den Umstand, dass Skinners System eine Hypothese über sprachliches Verhalten darstellt. Genau betrachtet ist jeder wissenschaftliche Ausdruck in einer ungestesteten Hypothese zunächst einmal nur eine analoge Erweiterung des Bestehenden. Es steht zu vermuten, dass Chomsky diese Ausdrücke lediglich aufgrund ihres abwertenden Charakters wählte. Noch überraschender ist die Geschwindigkeit, mit der Chomsky von der Feststellung, dass es sich bei Verbal Behavior um eine Hypothese handle, zu dem Schluss kommt, es sei „nur“ eine Hypothese, die sich als falsch erweisen werde. Chomskys einziges „Argument“ in diesem Zusammenhang ist, dass man Laborergebnisse nicht auf das „wirkliche Leben“ übertragen könne – was voraussetzt, dass im Labor andere Naturgesetze gelten als außerhalb. Eine, wie  MacCorquodale feststellt, im Lichte von Occams Rasiermesser nicht gerade sparsame Annahme.

Skinner wendet die Terminologie des operanten Konditionierens auf das sprachliche Verhalten an. Der Stimulus „ein Musikstück“ löst die Verhaltensantwort „Mozart“ aus. Chomsky fragt, warum es gerade „Mozart“ seien solle, das durch den Stimulus ausgelöst werde. Das sei irgendwie sehr beliebig. So werden die Stimuli (bzw. die Auswahl des Stimulus) in den Organismus verlegt: Der Organismus wähle dann eben den Stimulus für ein bestimmtes Verhalten aus. Dem muss widersprochen werden, denn „beliebig“ sind die Stimuli nur im hypothetischen Beispiel. Weiter kritisiert Chomsky, dass Skinner z.B. nur den Fall erklären könne, dass jemand „Eisenhower“ sage, wenn der Mann zugegen sei, nicht aber in anderen Situationen. Es wird hier offenbar, dass Chomsky anscheinend glaubt, ein Verhalten (eine verbale Reaktion) könne nur durch einen Stimulus ausgelöst werden. Anders kann man sich Chomskys Behauptung, der Stimulus werde in den Organismus verlegt, nicht erklären: Wenn Eisenhower nicht da ist, dann muss er – so glaubt Chomsky – im Kopf des Sprechers sein. Im konkreten Fall kann es aber tausenderlei Stimuli geben, die die Reaktion „Eisenhower“ auslösen können (z.B. ein Foto, der Name „Chrustschow“ – was auch immer die Lerngeschichte des Individuums hergibt…). Anzunehmen, „Eisenhower“ müsse im Kopf des Spechers zugegen sein, um diesen „Eisenhower“ sagen zu lassen, ist ein typischer mentalistischer Fehlschluss: Chomsky kritisiert hier Skinner dafür, dass er – Chomsky – Skinners Argumente nicht verstanden hat und seine laienhaften Vorstellungen auf Verbal Behavior überträgt. Es soll sich einmal ein Geisteswissenschaftler – wie Chomsky einer ist – dasselbe Vorgehen bei einer Disziplin wie der Quantenmechanik erlauben (und dann diese dafür kritisieren, dass sie widersinnig sei – weil er sie nicht versteht). Die Empörung wäre zu Recht groß. Pikanterweise wird ausgerechnet Chomsky in Sokals und Bricmonts Buch „Eleganter Unsinn“ als Kronzeuge gegen solche Philosophen und Geisteswissenschaftler – die Naturwissenschaften nicht verstehen und aufgrund ihres eigenen Nicht-Verstehens kritisieren – aufgerufen.

Erwartungsgemäß findet Chomsky Skinners funktionale Definition von Verstärker – ein Verstärker ist ein Ereignis, das einem Verhalten folgt und das die Auftretenswahrscheinlichkeit dieses Verhaltens erhöht – unbefriedigend. Er beklagt sich darüber, dass Verstärker nur im nachhinein als solche erkannt werden könnten. Dabei hängt Chomsky der Vorstellung an, Skinner vertrete eine Trieb-Reduktions-Theorie der Verstärkung. Es scheint aber ein schlichtes empirisches Faktum zu sein, dass Verstärker nur ein gemeinsames Merkmal haben: Nämlich, dass sie verstärken. Man kann aber in individuellen Fällen durchaus voraussagen, welches Ereignis höchstwahrscheinlich ein Verstärker sein wird. Dies gilt insbesondere für primäre – unkonditionierte – Verstärker, die für bestimmte Arten spezifisch sind. Das Verhalten einer von Futter deprivierten Ratte kann mit sehr großer Wahrscheinlichkeit durch Futter verstärkt werden. Zudem gibt es mit dem Premack-Prinzip ein weitere Möglichkeit, Verstärker „von vorn herein“ zu finden. Je mehr man über die Lerngeschichte eines Organismus weiß, desto besser kann man verstärkende Stimuli voraussagen.

Chomsky scheint überzeugt davon zu sein, dass Skinner der Auffassung ist, verbales Verhalten könne nur durch langsame und vorsichtige Verstärkung (so Chomsky, 1959, S. 39, S. 42 und S. 43) konditioniert werden. Tatsächlich sagt Skinner an keiner Stelle etwas Derartiges – er impliziert es auch nicht. Wieder einmal überträgt Chomsky seine Vorstellung, davon, was ein hypothetischer Strohmann-Skinner seiner Vorstellung wohl sagen würde, auf den realen Skinner.

Chomsky scheint des weiteren der Ansicht zu sein (a.a.O., S. 43), dass man ja mittlerweile wisse, dass Sprachenlernen zum größten Teil auf Imitationslernen beruhe – womit er impliziert, dass operantes Konditionieren keine große Rolle spiele. Aber auch Skinner vertritt die Ansicht, dass Sprachenlernen viel Imitationslernen beinhalte. Nur dass das Lernen durch Imitation selbst ein Produkt von Verstärkung ist. Weiter nimmt Chomsky an, dass latentes Lernen (ohne Verstärkung) von kaum einem Forscher mehr bezweifelt werde (a.a.O., S.39). Die vielen Studien, die Chomsky hier zum Beleg anführt, weisen jedoch alle erhebliche methodische Probleme auf. Die Frage nach dem latenten Lernen ist nicht (zugunsten desselben) beantwortet worden. Die Frage wird schlicht und ergreifend nicht mehr gestellt, weil sie sich als nicht beantwortbar erwiesen hat.

Chomsky kritisiert Skinners Verwendung des Begriffs „Wahrscheinlichkeit“. Chomsky sagt, dass der Begriff „Wahrscheinlichkeit“ bei Skinner eine merkwürdige Bedeutung habe (a.a.O., S. 34). Das verwundert nicht, denn Chomsky zitiert hier Hulls Definition von Wahrscheinlichkeit (Widerstand gegen Extinktion), nicht Skinners (Wahrscheinlichkeit des Auftretens)… Skinner definiert Wahrscheinlichkeit nicht anders als jeder Naturwissenschaftler. Noch peinlicher für Chomsky sollte sein, dass er anscheinend den Unterschied zwischen der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer bestimmten verbalen Reaktion „an sich“ und der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer bestimmten verbalen Reaktion in einer bestimmten Situation nicht kennt (ebd.). Die „Wahrscheinlichkeit an sich“ für das Auftreten des Wortes „Mulct“ ist sehr gering. In dieser jetzigen Situation – wenn Sie das Wort lesen – ist die momentane Wahrscheinlichkeit wesentlich höher. Die „Wahrscheinlichkeit an sich“ ist ein Thema für Linguisten, die momentane Wahrscheinlichkeit ist die verhaltensanalytische Fragestellung schlechthin: Unter welchen Bedingungen äußert eine Person einen bestimmte Teil ihres sprachlichen Repertoires? MacCorquodale (1970) fragt sich, was Chomsky wohl überhaupt mit dem Inhalt von Verbal Behavior anfangen konnte, wenn er diese grundlegende Unterscheidung nicht machen konnte. So kann man auch folgendes Missverständnis nur mit Chomskys völliger Ignoranz des kritisierten Buches erklären: Skinner definiert mehrfach eine „starke Reaktion“ als eine solche, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auftrete – und warnt vor eventuellen anderen Interpretationen dieses Begriffes. Chomsky meint nun aber, dass eine „starke Reaktion“ im sprachlichen Verhalten eine solche sei, die „geschrieen“ (a.a.O., S. 35) oder aber „oft und in einer sehr hohen Tonlage“ (a.a.O., S. 52) geäußert werde.

Chomskys zweiter großer Kritikpunkt ist, dass Skinner nur die traditionellen Begriffe durch eine technisch klingende Sprache zu ersetzen versuche (Ein Vorwurf, den man m.E. eher Chomsky und seiner technizistischen, aber im Grunde nutzlosen, da zu ihrem eigentlichen Zweck – der Generierung von Sprache – nicht tauglichen generativen Transformationsgrammatik machen müsste; dies am Rande). Daher, so Chomsky, seien sie kein bisschen objektiver als die traditionellen Begriffe. So sei „Stimuluskontrolle“ nur eine unperfekte Umschreibung für „Referenz“. Sprachliche Zeichen besitzen nach traditioneller Ansicht Referenten. So ist der Referent für das Wort „Hund“ ein tatsächlicher Hund. Das Konzept der Referenz stimmt schon auf den ersten Blick nicht eins zu eins mit dem der Stimuluskontrolle überein, denn eine Äußerung wie „Verdammt!“ hat keinen Referenten, sehr wohl aber einen auslösenden Stimulus (z.B. sich die Hand am heiße Topf zu verbrennen). Stimuluskontrolle beinhaltet viel mehr als „Referenz“. Irgendwie scheint Chomsky das zu ahnen, denn er kritisiert die behavioristischen Begriffe dafür, dass sie die traditionellen Konzepte verwischen würden. Aber Skinners Analyse ist genauso wenig eine Paraphrase des linguistisch-philosophischen Mentalismus wie die moderne Physik eine Paraphrase des Pantheismus darstellt. Sie konvergieren – beziehen sich auf einen ähnlichen Realitätsausschnitt – aber mit ganz anderen Voraussetzungen und ganz anderen Ergebnissen. Jeder Begriff in Skinners Ansatz bezieht sich auf ein ganz konkretes Faktum, auf Objekte und Ereignisse, die physikalisch vorhanden sind. Das ist Objektivität.

Chomskys dritte Kritik besteht darin, dass Sprache ein komplexes Phänomen sei, dessen Verständnis eine komplexe Theorie benötige. In der Tat ist Skinners Erklärungssystem ein relative einfaches im Vergleich zur Komplexität des zu Erklärenden. Andererseits hat es viele Variablen und ebenso viele Funktionen. Es ist guter wissenschaftlicher Brauch, eine Theorie, die ein komplexes Phänomen mit wenigen Annahmen erklärt, einer anderen Theorie vorzuziehen, die wesentlich mehr Annahmen machen muss – vorausgesetzt, die sonstigen Bedingungen sind gleich (dies wird auch als Occams Rasiermesser bezeichnet und solche „sparsamen“ Theorien werden gemeinhin als „elegant“ betrachtet). Auch eine Theorie sprachlichen Verhaltens, die keine speziellen grammatik-erzeugenden Regeln beinhaltet, kann sprachliche Äußerungen erklären, die grammatikalischen Regeln gehorchen. Auch aus einfachen Gesetzen können komplexe Phänomene resultieren. Skinner weist in Verbal Behavior auf die Möglichkeit der multikausalen Verursachung, die zu besonderen Effekten führe, immer wieder hin. Wer das Buch aufmerksam liest, erkennt, dass es sich bei weitem nicht nur auf die Erklärung einfachen sprachlichen Verhaltens beschränkt. Chomsky begeht den typischen Denkfehler der Pseudo- und Parawissenschaftler, wenn er die unerklärten Fälle überbewertet: Weil etwas aktuell nicht erklärt sei, müsse es auch unerklärlich sein. Nichts anderes legt Chomsky hier nahe und er gleicht damit den UFO- und Geistergläubigen in ihrer Argumentation vom Nicht-Wissen her (argumentum ad ignorantiam ).

Skinners Gesetze sind funktional insofern als sie den Zusammenhang von Umweltereignissen und  Verhalten beschreiben – beides objektiv beobachtbare Sachverhalte. Sie beziehen sich nicht auf andere Ereignisse, die hypothetisch angenommen werden oder erfunden werden, um zwischen den Umweltereignissen und dem Verhalten zu vermitteln. Diese Funktionalität wird bisweilen als eine Verleugnung solcher vermittelnden Mechanismen missverstanden. Natürlich existieren solche vermittelnden Mechanismen – sie sind natürlich neurologischer Natur und sie unterliegen natürlich ebenfalls bestimmten Gesetzen. Chomsky ignoriert diese Voraussetzungen und schreibt, dass man wohl von einer Theorie, die Verhalten voraussagen soll, erwarten dürfte, dass sie sich auf diese vermittelnden Mechanismen bezieht (a.a.O., S. 27). Vielleicht dürfte man das erwarten, aber man muss es nicht. Solange man kein Neurophysiologe ist, ist es absolut überflüssig, mehr über diese internen Strukturen zu wissen, als dass sie existieren. Die Verhaltensanalyse sagt erfolgreich Verhalten voraus, ohne sich auf vermittelnde Mechanismen zu beziehen. Ein Psychologe, der wüsste, wie genau diese interne Struktur zwischen Umweltereignissen und Verhalten vermittelt, könnte das Verhalten nicht besser voraussagen, denn alles was er dazu wissen muss, kann er auch ohne das Wissen um die innere Struktur wissen. Im Gegenteil: Wenn er etwas über diese innere Struktur in Erfahrung bringen möchte, muss er sich auf Verhaltensdaten beziehen; der Verhaltensanalytiker aber muss sich nicht auf hypothetische innere Strukturen beziehen, um Verhalten vorauszusagen.

Um zu wissen, wie schnell ein Auto fahren wird, dessen Fahrer das Gaspedal auf eine bestimmte Art und Weise drückt, muss ich nichts über den Aufbau des Motors wissen: Es genügt zu wissen, dass das Auto einen Motor hat. Es ist lediglich notwendig, das „Verhalten“ des Autos unter bestimmten Umweltbedingungen (bei einem bestimmten Verhalten des Fahrers und bei bestimmten Straßenverhältnissen) zu beobachten. Der Vergleich hinkt insofern, als Psychologen nicht in der Lage sind, die Motorhaube zu öffnen. Kognitive Psychologen gleichen Auto-Experten, die über den hypothetischen Aufbau eines Motors debattieren, während ihre eher praktisch veranlagten Kollegen (die Verhaltensanalytiker) lieber eine Testfahrt unternehmen…

Chomsky sieht diese innere Struktur vor allem im Gehirn und er vermutet ihren Ursprung zum größten Teil in der genetischen Vorherbestimmung oder Programmierung. Obwohl er mit beidem (dem Sitz der inneren Struktur im Gehirn und der genetischen Bestimmtheit der Struktur des Gehirns) zweifelsohne Recht hat, so hat das doch nichts mit dem Inhalt von Skinners Hypothese zu tun. Chomsky (und die kognitiven Psychologen) scheint der Psychologie die Aufgabe zuzuweisen, mit den verfügbaren Daten – dem Verhalten – so lange vorläufig zu arbeiten, bei die Neurologie mit der „wirklichen“ Erklärung aufschließen kann (a.a.O., S. 27; im übrigen war das auch Sigmund Freuds ursprüngliche Position – die Physiologie werde eines Tages seine Theorie bestätigen, hoffte er). Tatsächlich aber „versuchen“ Verhaltensanalytiker nicht, Verhalten zu „spezifizieren“ – sie tun es bereits. Die funktionalen Gesetze der Verstärkung sind gesichertes empirisches Wissen, nicht eine Theorie, die auf eine neurologische Bestätigung wartet.

Für Chomsky scheint es von großer Bedeutung zu sein, dass möglicherweise bestimmte Aspekte des sprachlichen Verhaltens genetisch vorbestimmt sind. Er lastet es Skinner sehr an, dass dieser dazu keine Stellung bezieht und sieht das als eine unentschuldbare Lücke an. Zum einen folgert er aus der genetischen Vorbestimmtheit dass eine Theorie des sprachlichen Verhaltens deswegen unbedingt die Struktur des Gehirns berücksichtigen muss. Zum anderen ist für ihn der Umstand der genetischen Programmierung von Sprachverhalten inkompatibel mit der Rolle der Verstärkung, die Skinner ihr zuweist. Dem lässt sich entgegnen, dass die Struktur des Organismus nicht notwendigerweise in einem psychologischen Gesetz berücksichtigt werden muss (wie Chomsky das fordert, a.a.O., S. 44). So lange das Gehirn programmiert ist, wird es gesetzmäßige Zusammenhänge zwischen Stimuli und Verhalten erzeugen und ein funktionales Gesetz, das diesen Zusammenhang beschreibt, muss sich nicht auf die Struktur des Gehirns beziehen. Zudem, wenn die genetische Programmierung wirklich so eine große Rolle spielt, dann wird dies nicht durch die Berücksichtigung der Struktur, sondern nur durch die Berücksichtigung des Verhaltens erkannt werden. Zum anderen gibt es keine Unvereinbarkeit von genetischer Evolution und dem Prinzip der Verstärkung, im Gegenteil: beide ergänzen sich.

Chomsky erliegt auch dem üblichen Denkfehler aller „biologistischen“ Theoretiker: Der bloße Umstand, dass es grammatikalische Universalien gibt – so es diese denn gibt – ist kein Beleg dafür, dass es ein ererbtes Subsystem zum Grammatikerwerb im Gehirn gibt. Wenn alle Menschen, die Sprache erwerben, dies auf dieselbe Art und Weise tun (z.B. via Verstärkung), dann ist es nur wahrscheinlich, dass das Resultat dieses Erwerbs – die Sprache – gewisse Gemeinsamkeiten aufweist.

Des weiteren beeindruckt Chomsky der Umstand, das Kinder (bei weitem aber nicht alle Kinder) Grammatik vergleichsweise schnell erwerben – was seines Erachtens im Widerspruch zum Erwerb durch Verstärkung steht. Es ist aber nichts an der Verstärkung, das voraussetzt, dass diese langsam ablaufen müsste.

Alles in allem beschäftigt sich Skinner mit dem, was auch immer die Genetik dem Organismus zu tun übrig lässt. Diese beiden Faktoren sind nicht inkompatibel. Es ist unlogisch anzunehmen, weil wir eine Disposition für grammatikalisches Verhalten hätten, könnten wir dieses Verhalten nicht durch Verstärkung gelernt haben.

Grammatik besteht für Chomsky in einer Theorie bzw. Regeln oder einer Kompetenz, über die ein Mensch verfügt. Es ist eine Sache, über die das Kind und später der Erwachsene verfügt. Diese Sache offenbart sich dadurch, dass die Person über einen Mechanismus zum Verstehen und zum Generieren grammatischer Sätze verfügt. Dieser Mechanismus kontrolliert gewissermaßen den Eingang und Ausgang der Sprache. Zunächst einmal ist es merkwürdig, warum wir über einen Mechanismus verfügen sollten, der dem Rest der Person ständig mitteilt, ob ein Satz wohlgeformt ist oder nicht. Sprache muss aber nicht von einer extra Grammatik-Einheit produziert werden, um grammatisch zu sein. Ein simples System kann sehr strukturierten Output produzieren. Diese Struktur muss nicht im System vorliegen, sie liegt allein im Output selbst vor. Chomsky dagegen nimmt an, dass Grammatik quasi unabhängig von dem Gesprochenen vorliege und auf das Gesprochene einen kausalen Einfluss ausübe. Chomsky sieht diesen Grammatik-Mechanismus als eine Art Kontrollinstanz, die durch keinerlei Input erreicht wird. Aber niemand spricht reine Grammatik: Alle Sätze haben grammatikalisch irrelevante Elemente – zu mindest haben sie Inhalt. Früher oder später muss irgend etwas in dieses System hinein kommen. Eine sprachlich kompetente Person kann zwischen verschiedenen Sätzen hinsichtlich ihrer Grammatikalität diskriminieren und sie kann grammatikalisch richtige Sätze erzeugen, die von andern dahingehend diskriminiert werden können. Das bedeutet nicht notwendigerweise, dass diesen beiden Fähigkeiten ein gemeinsames System zugrunde liegt. Ein Kind lernt sowohl zu laufen als auch zwischen „laufen“ und anderem Verhalten bei anderen Menschen zu diskriminieren. Durch die Annahme, das Kind verfüge über eine Theorie des Laufens, wird nichts gewonnen.

Im zweiten Teil der Besprechung kritisiert Chomsky die Anwendung von Skinners System auf sprachliches Verhalten. So fragt er sich, ob man je den relevanten Deprivationszustand für solche Forderungen wie „Gib mir das Buch!“ herausfinden wird. Dabei vergisst er, dass Verstärker nicht notwendigerweise trieb-reduzierend wirken müssen. Ein weiterer Lapsus unterläuft Chomsky, als er sich darüber amüsiert, dass „ein Sprecher nicht angemessen auf die Forderung `Geld oder Leben´ reagieren wird können, so lange er keine Vorgeschichte hat, die ein Getötet-werden beinhaltet“ (a.a.O., S. 46). Der Sprecher aber äußert in diesem Fall die Forderung und benötigt lediglich eine Vorgeschichte, die das Bedürfnis nach Geld beinhaltet. Das Absurde liegt hier bei Chomsky und nicht in Verbal Behavior.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Chomsky eine Theorie kritisiert hat, die so von niemandem vertreten wird, ein Amalgam, dass einige veraltete behavioristische Versatzstücke beinhaltet, wie z.B. die triebreduzierende Wirkung von Verstärkung, das Extinktions-Kriterium für Antwort-Stärke, eine Pseudo-Inkompatibilität von Genetik und Verstärkung und andere Dinge mehr, die nichts mit Skinners Theorie zu tun haben. Chomsky weist ohne Diskussion die Logik des Reduktionismus zurück und er erkennt an keiner Stelle die Möglichkeit an, dass Verhalten durch verschiedene Ursachen beeinflusst wird – bei Skinner nimmt das breiten Raum ein.

Die kognitive Psychologie begründet zum Teil mit Chomskys Besprechung von Verbal Behavior die Notwendigkeit für ein neues Paradigma und den Abschied vom Behaviorismus. Neue Paradigmen aber sind, so MacCorquodale, in der Psychologie im Dutzend billiger. Behavioristen verstehen neue Daten. Jedoch konnte weder Chomsky noch einer seiner geistigen Schüler bislang Daten vorlegen, die die Grundaussagen von Verbal Behavior in Frage stellen könnten.

Palmers Kritik an Chomskys „angeborener Grammatik“

Palmer (2000) stellt fest, dass er lange Zeit Chomskys Kritik an Skinner lediglich als eine polemische Übung ohne echte Bedeutung für die Wissenschaft von der Analyse des verbalen Verhaltens betrachtet hat. Jedoch belehrte ihn die Reaktion vieler Linguistik-Professoren auf seine Einwände gegen Chomsky eines Besseren: Er kam sich vor wie ein Fanatiker, den man nur milde belächelte, zu eingefahren war die Überzeugung, Chomsky habe Skinner „widerlegt“. Offenkundig besteht noch großer Aufklärungsbedarf.

Die Kontroverse zwischen Skinner und Chomsky dreht sich nicht darum, ob sprachliches Verhalten sowohl ontogenetische als auch phylogenetische Voraussetzungen hat, sondern darum, ob es einen angeborenen Mechanismus geben muss, der die Anordnung elementaren verbalen Verhaltens beschränkt.

Chomskys Argumentation geht, verkürzt, folgendermaßen: Muttersprachler wissen viele Dinge über die Syntax ihrer Sprache, die sie nicht durch Beobachtung erschlossen haben können und die man ihnen nicht explizit beigebracht hat. Daher muss dieses Wissen angeboren sein.

Cook und Newson (1996) bemerken hierzu in aller Unschuld, dass man vor Darwin die Adaptivität der Organismen auf dieselbe Weise mit der Existenz eines Schöpfers erklärt habe (und bringen so unfreiwillig die Sache auf den Punkt).

All die Argumente, die für eine angeborene Grammatik ins Feld geführt werden, erinnern uns lediglich daran, dass Sprache unglaublich nützlich ist. Sie rechtfertigen nicht Chomskys Grammatik und sie erklären nicht, warum jemand einen Nachteil im Kampf ums Überleben hätte, wenn er sich nicht an bestimmte Regeln dieser Grammatik hielte.

Die Annahme, dass Muttersprachler die verschiedenen Regeln ihrer Sprache kennen, ist im banalen Sinne nicht wahr – die wenigsten können eine grammatikalische Regel benennen. Doch wir können in der Tat feststellen, dass das meiste verbale Verhalten der meisten Menschen durch die Regeln der von Linguisten erstellten Grammatiken beschrieben werden kann. Aber diese Regeln sind von Linguisten aufgrund der Beobachtung des verbalen Verhaltens von Menschen erstellt worden. Dass jemand ein Verhalten modellieren kann, bedeutet nicht, dass das Individuum, welches dieses Verhalten zeigt, das Modell kennt. Die Taube auf einem Verstärkungsplan weiß nichts vom matching law und beim Fliegen weiß sie nichts von der Aerodynamik. Doch Chomsky meint, dass Grammatik nicht nur ein Modell der Sprache ist, er meint, dass Grammatik etwas ist, dass der Sprecher „weiß“.

Palmer (2000, ursprünglich 1981) kritisiert Noam Chomskys These, dass Grammatik (in einem bestimmten Sinne) angeboren sei. Diese Position hat unter Linguisten und Laien mit Interesse an der Materie große Popularität erfahren, denn Chomsky versteht es, gekonnt – zum Teil polemisch – und überzeugend zu argumentieren. Chomsky behauptet, mit seinem Ansatz bei der Erklärung des Spracherwerbs erfolgreich zu sein. Erfolg, so Palmer, verdient unsere Aufmerksamkeit, egal vor welchem theoretischen Hintergrund er zustande kommt.

Im wesentlichen geht es um Chomskys Annahme, dass das Gehirn des Neugeborenen in irgend einer Weise darauf vorbereitet sein muss, aus dem sprachlichen Material, das ihm geboten wird, Regeln zu extrahieren. Palmer kritisiert diese Annahme aus zwei Gründen: Zum einen sei es eine Überforderung der biologischen Evolution, anzunehmen, sie habe einen derartigen Mechanismus hervorbringen können. Zum andern muss dieser angeborene Mechanismus im Gehirn auf Reize reagieren, wirkliche Ereignisse in der physikalischen Welt. Jedoch scheint Chomsky nicht in der Lage zu sein, diese Ereignisse zu benennen. Zuletzt weist Palmer Chomskys spitzfindige Argumente gegen eine verhaltenswissenschaftliche Analyse der Sprache zurück, denn Chomsky verwechselt die Eigenschaften seines formellen Systems mit den Eigenschaften menschlicher Wesen: Die Feststellung, dass Sprache aus einer unendlichen Anzahl von Sätzen besteht, muss verworfen werden, wenn man aus der dünnen Luft formaler Analysen in die in die Welt von Umweltereignissen und Verhalten tritt.

Chomsky nimmt einer universelle Grammatik an, die gewissermaßen den vielgestaltigen Grammatiken der realen Welt übergeordnet ist bzw. zugrunde liegt. Er interessiert sich für die „essentielle Natur“ menschlicher Wesen und diese Grammatik soll also genetisch codiert sein. Jedoch ist der Nachweis des Beitrages der Genetik zum menschlichen Verhalten aus vielerlei Gründen sehr schwierig. So ist es z.B. unmöglich, diesen Nachweis experimentell zu erbringen – und im Falle der Sprache ist auch der Umweg über das Experiment am Tier (z.B. Zuchtexperimente oder Experimente, bei denen Tiere isoliert von Artgenossen aufwachsen) ausgeschlossen, denn Tiere zeigen keine dem Menschen vergleichbare Sprache.

Chomsky meint mit der „angeborenen Grammatik“ tatsächlich eine Grammatik im traditionellen Sinne, eine Sammlung von Regeln. Er benutzt häufig alltagssprachliche mentalistische Begriffe wie „Absicht“, „Glaube“, „Wille“ und „Geist“, ohne diese zu definieren. Deswegen bleibt seine Darstellung abstrakt und metaphorisch. Offenkundig, so Palmer, wartet Chomsky auf den Tag, an dem jemand kommt und seine Begriffe operationalisiert, ohne zugleich sein formales System, das er auf diesem terminologischen Treibsand errichtet hat, einstürzen zu lassen.

Chomskys Analyseeinheit ist der Satz und seine Daten sind seine Urteile – und die von ihm unterstellten Urteile anderer – darüber, welche Sätze „wohlgeformt“ seien und welche nicht. Sätze aber sind ein Begriff aus einem formalen System, nicht Einheiten der natürlichen Sprache. Wenn das verbale Verhalten eines Menschen und seine Urteile über verbale Äußerungen (ob diese „wohlgeformt“ oder nicht sind) eine Funktion der speziellen Erfahrungen sind, die diese Individuum in einer speziellen Umwelt gemacht hat, dann werden uns Überlegungen über einen idealen Sprecher in einer hypothetischen Gemeinschaft nicht weiterhelfen. Sobald er mit ungeordneten Daten konfrontiert wird, zieht sich Chomsky in eine hypothetische Welt zurück, in der Ordnung erscheint. Es ist nicht überraschend, dass noch nie jemand einen alternativen Ansatz zu Chomsky vorgeschlagen hat, denn diese Welt ist eine, die Chomsky selbst entworfen hat.

Die genetische Ausstattung ist oft eine bequeme Quelle für „Erklärungen“, wenn wir es mit einem Verhaltensphänomen zu tun haben, das wir nicht verstehen. Die Evolution hilft Chomsky nicht, wenn er seine angeborene Grammatik zu rechtfertigen sucht. Wenn eine Regel dieser Grammatik eine willkürlich Beschränkung ohne Konsequenzen in der ontogenetischen Umwelt ist und daher nicht durch kommunikative Kontingenzen erzeugt worden sein kann (wie Chomsky selbst schreibt, 1980, S. 41), dann kann sie auch keinen Selektionsvorteil für den Organismus darstellen, der in dieser Umwelt lebt. Wohlgemerkt: Die Fähigkeit zur Sprache als solche stellt sehr wohl einen Selektionsvorteil dar, nicht aber die Regeln einer universellen Grammatik. Also können sie auch nicht im Laufe der Stammesgeschichte erworben worden sein, denn sie würden ihrem Träger keinen adaptiven Nutzen bringen. Chomsky scheint darüber hinaus das Evolutionsprinzip nicht so recht zu begreifen, wenn er diesem Einwand entgegnet, die Stammesgesichte habe aber sehr viel Zeit gehabt, diese Regeln in das Erbgut zu schreiben: Wenn sie keinen Vorteil bringen, dann werden sie nicht ins Erbgut übernommen, egal wie viel Zeit vergeht. Chomsky sieht zuletzt noch einen Ausweg in „Zufallsmutationen“ oder in „physikalischen Gesetzen, die wir jetzt noch nicht kennen“ (1969, S. 262), um seine These von der genetisch verankerten Grammatik zu retten.

Zwar ist es zutreffend, dass nicht alles, was in den Genen codiert ist, von adaptivem Wert sein muss – Haar- und Augenfarbe sind hier Beispiele – jedoch sind diese Merkmale auch nicht universell. Die Erklärung, dass Sprache ein zufälliges Nebenprodukt anderen, früherworbenen Verhaltens ist, erscheint ebenso plausibel. Menschen verfügen über die nötige organische Ausstattung, um zu sprechen, ihr Verhalten ist besonders formbar durch soziale Verstärkung und einiges mehr. Diese Unterschiede sind quantitative, nicht qualitative. Sie können leicht durch die Mechanismen von Variation und Selektion entstanden sein und sie allein genügen, um das verbale Verhalten von Menschen zu erklären.

Wenn Chomsky behauptet, dass Sprache genetisch determiniert ist, dann muss er angeben können, welche Umweltereignisse dieses angeborene Verhalten auslösen oder steuern. Aber offenkundig gibt es keine physikalischen Merkmale, die erkennen lassen, ob ein Wort beispielsweise ein Verb oder ein Substantiv ist. Chomsky „löst“ das Problem dadurch, dass er es zu einem prinzipiell nicht-lösbaren erklärt.

Chomsky setzt den Satz als Analyseeinheit als evident voraus. Sätze aber sind formale Einheiten, keine des Verhaltens. Wenn die Analyseeinheiten a priori definiert werden, dann haben sie möglicherweise nur wenig mit dem zu tun, was in der Realität tatsächlich geschieht. Chomsky betont immer wieder, dass die Grammatik eine unendliche Anzahl an Sätzen hervorbringen kann. Er folgert daraus, dass auch Menschen eine unendliche Zahl an Sätzen hervorbringen und verstehen können. Selbstredend ist das keine empirische Tatsache. Palmer (2000) zieht folgenden Vergleich: Bekanntlich vollführen Bienen nach ihrer Heimkehr von der erfolgreichen Futtersuche zum Stock einen Tanz, durch den sie anderen Bienen die Richtung und Entfernung der Futterquelle mitteilen. Die Kreise, die die Bienen dabei vollführen, können prinzipiell unendlich viele verschiedene Durchmesser haben. Zweifelsohne haben noch nie zwei Bienen denselben Tanz vollführt. Trotzdem ist diese Variabilität irrelevant, sofern sie nicht in einer Beziehung zur Position der Futterquelle steht. Denn natürlich kann keine Biene eine unendliche Zahl an Tanz-Mustern unterscheiden, weder als Tänzerin, noch als Zuschauerin. Obwohl nun also eine abstrakte Beschreibung der Bienensprache eine unendliche Zahl an möglichen „Sätzen“ zutage fördern könnte, so ist es doch wahrscheinlich, dass Bienen nicht mehr als cirka hundert Muster wirklich unterscheiden (indem sich ihr Verhalten in Reaktion darauf unterscheidet). Festzustellen, dass Bienen die „Kompetenz“ besitzen, eine unendliche Zahl an Mustern zu interpretieren, bedeutet, eine Eigenschaft unseres formalen Systems der Bienensprache mit einer Eigenschaft des Organismus zu vermengen.

Naom Chomsky im Interview mit Javier Virues-Ortega (2006)

Chomskys (1959) Besprechung ist beinahe ebenso berühmt wie Verbal Behavior selbst. Leahey (1987) erklärte, Chomskys Besprechung sei die einflussreichste Einzelarbeit in der Psychologiegeschichte seit Watsons (1913) Psychology as the behaviorist views it. Knapp (1992) berichtet, zwischen 1972 und 1990 sei auf zwei Zitationen von Verbal Behavior eine von Chomskys Besprechung gekommen – ein wohl einzigartiges Verhältnis zwischen einem Buch und seiner Rezension (S. 87). Laut Marc Richell (nach Virues-Ortega, 2006, S. 243) spiegelt dies wohl den Umstand wieder, dass sich die meisten Wissenschaftler mit Informationen aus zweiter Hand zufrieden geben.

Für Nicht-Behavioristen stellt Chomskys Besprechung (1959) einen Meilenstein in der Geschichte der Psychologie dar. Die Besprechung zeige, so Fodor und Katz (1964, S. 564), dass sprachliches Verhalten nicht durch Skinners funktionale Analyse erklärt werden könne. Nach Smith (1999) ist Chomskys Besprechung die wohl vernichtendste, die je über ein Buch geschrieben wurde, es handle sich hier um die Totenglocke das Behaviorismus (S. 97). Darüber hinaus wird das Buch als einer der grundlegenden Texte des Kognitivismus betrachtet (ebd.).

Skinner selbst betrachtete die Besprechung als schwer zu beantworten. Chomskys Ton sei emotional und der Inhalt lasse grundlegende Kenntnisse der Verhaltensanalyse vermissen: „Chomsky versteht einfach nicht, worüber ich rede und ich sehe keinen Sinn darin, ihm zuzuhören“ (Skinner im Gespräch mit Andresen, 1991, S. 57, Übersetzung CB).

Javier Virues-Ortega (2006) stand über zwei Jahre hinweg mit Chomsky in Kontakt. Ein am 23. März 2004 geführtes Interview mit ihm wurde in der Zeitschrift der Association for Behavior Analysis, The Behavior Analyst mit dem Einverständnis Chomskys abgedruckt.

Chomsky erläutert hier zunächst, was ihn am Behaviorismus missfiel. Er fände schon das ganze Vorhaben, Verhalten zum Gegenstand einer Wissenschaft machen zu wollen, fragwürdig. Das Verhalten sei das Datenmaterial, mit dem man sich auseinandersetze. Verhalten könne nicht der Gegenstand sein; der Gegenstand, den man untersuche, sei die Kompetenz oder die Kapazität, Verhalten zu zeigen. Verhalten zum Gegenstand der Psychologie zu machen sei, als ob man die Physik als die Wissenschaft vom Ablesen der Messgeräte definiere.

Chomsky schildert weiter den konkreten Anlass, wie es zu Abfassung der Besprechung kam. Skinner und Skinners Texte hätten in den fünfziger Jahren die Orthodoxie repräsentiert. Verbal Behavior war einer jener heiligen Texte, die zu dieser Zeit jeder gelesen hätte. Außer ihm (Chomsky) habe es nur sehr wenige Menschen gegeben, die gespürt hätten, dass mit all dem etwas nicht in Ordnung ist. Noch vor Abfassung von Verbal Behavior wären die Mitschriften der William-James-Vorlesung Skinners von Hand zu Hand gereicht worden. Auf diese habe er sich auch bezogen, als er die Besprechung geschrieben habe: „I actually wrote the review before the book was published“ (S. 246).

Chomskys Besprechung war nun nicht die erste und auch nicht die einzige, die über Verbal Behavior geschrieben worden war. Der Grund, warum sie so erfolgreich war, lag laut Chomsky im guten Timing. Die Linguistik begann zu dieser Zeit zu erkennen, dass Sprache einfach nicht so funktionieren könnte wie Skinner das beschrieb. Es habe damals ein „interaktives Amalgam“ gegeben, in das sehr wenige Leute (außer ihm) einbezogen gewesen seien. Hinzu sei gekommen, dass sich die Befunde dafür, dass der Behaviorismus zu Erklärung des Verhaltens nicht tauglich sei, damals gehäuft hätten. Die Brelands hätten dann ja 1961 gezeigt, dass er nicht mal bei Tieren funktioniere. Die Brelands, so Chomsky, hätten bemerkt, dass ihre Versuche, Tiere zu konditionieren, früher oder später scheiterten, weil die Tiere wieder in ihr instinktives Verhalten zurückgefallen seien. Nicht mal bei Tauben (Skinners Haupt-Versuchstieren) funktioniere es so, wie Skinner das behauptet habe. Der Behaviorismus sei eben genau zu diesem Zeitpunkt kollabiert und die kognitive Psychologie habe das Feld übernommen.

[Chomskys Darstellung der Arbeiten der Brelands weicht übrigens ganz erheblich von dem ab, was diese geschrieben haben. – Auch die Abfolge der Ereignisse im Rahmen der sog. kognitiven Wende ist etwas verzerrt. Viele Indikatoren zeigen an, dass die Verhaltensanalyse nach wie vor ein wachsendes, lebendiges Forschungsprogramm ist. Ein schneller Wechsel der Paradigmen hat schlicht nicht stattgefunden.]

Auf die Frage, welchen Effekt seine Arbeit auf die Verbreitung der kognitiven Psychologie hatte, entgegnet Chomsky, es sei nun wirklich nicht an ihm, diese Frage zu beantworten. Auch andere (z.B. die Brelands) hätten Anteil an diesem Wechsel gehabt.

MacCorquodale (1970) und andere haben einige Mängel in Chomskys Besprechung aufgezeigt, so unter anderem:

  • Chomsky unterstellt Skinner, die Wirkungsweise der Verstärkung über die Reduktion der Triebenergie zu erklären – was nicht der Fall ist. Chomsky verwendet volle 6 Seiten auf eine Kritik der Triebreduktionstheorie (die schon Jahrzehnte vor Verbal Behavior weder von Skinner noch von irgendeinem anderen Behavioristen vertreten wurde).
  • Die „Stärke“ einer Reaktion werde, so Chomsky, von Skinner über den Widerstand gegen die Extinktion definiert (eine Reaktion sei also um so stärker, je schwieriger es sei, sie zu extingieren). Dies ist definitiv nicht Skinners Position, Reaktionsstärke ist für ihn die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Reaktion.
  • Skinner behandle in seinem Buch nicht die Grammatik (d.h. die Frage, wie es dazu kommen kann, dass Äußerungen eines Sprechers den Regeln der Grammatik gehorchen). Auch dies ist definitiv nicht so: Skinner widmet diesem Thema viele Seiten seines Buches.

Virues-Ortega (2006) bittet Chomsky, zu diesen Punkten Stellung zu nehmen, erfährt von diesem aber nur, er habe bereits vor 30 Jahren ausführlich darauf geantwortet. Natürlich sei ihm klar gewesen, dass die Triebreduktionstheorie von Skinner nicht vertreten werde. Er habe aber mit seiner Besprechung weit über Skinner hinaus gehen wollen und den Behaviorismus als Ganzes kritisieren wollen. [Anmerkung.: Welcher andere Behaviorist hat dann noch 1959 die Triebreduktionstheorie vertreten?]. Sein Standpunkt sei nach wie vor: Wenn man Skinner wörtlich nehme, liege er offenkundig falsch. Wenn man seine Äußerungen aber als Metaphern auffasse, dann seien sie nur eine schlechte Übersetzung der normalen mentalistischen Terminologie in eine Terminologie, die man aus dem Labor herausgenommen habe und ihrer Bedeutung beraubt habe.

Einige Hunderte sauber durchgeführte Studien sind seit Verbal Behavior auf Grundlage der dort verwendeten Prinzipien durchgeführt worden. Viele empirische Befunde und angewandte Methoden, die aus den in Verbal Behavior dargelegten Konzepten abgeleitet wurden, haben gezeigt, dass diese einen Nutzen außerhalb des Labors haben, z.B. Verfahren zur Behandlung von Sprechstörungen, Sprachlehrmethoden im allgemeinen usw. (z.B. Goldstein, 2002). Virues-Ortega fragt Chomsky, ob er nicht meine, dass die Anwendung der Verhaltensanalyse auf den Bereich der menschlichen Sprache zumindest manchmal nützlich sein könne.

Natürlich, so Chomsky, könne Verhaltensanalyse nützlich sein. So diene die Verhaltensanalyse z.B. dazu, den Effekt von Medikamenten auf das Verhalten von Menschen und Tieren zu untersuchen [ein anderes Beispiel kann Chomsky auch an anderer Stelle nicht nennen]. Aber darum sei es ja ursprünglich nie gegangen. Es gäbe genau Null („precisely zero“, S. 248) Nutzen in den Bereichen, die die Verhaltensanalyse ursprünglich angepeilt habe.

Ob die Verhaltensanalyse und die Analyse der Sprache nach Chomsky nicht voneinander profitieren könnten, fragt Virues-Ortega. Er könne sich nicht vorstellen, wie das gehen solle, so Chomsky. Er wisse von keinem Forschungsprogramm auf der Basis von Verbal Behavior. Das einzige, was von Skinners Arbeit übrigbleibe, seien einige rechte nützliche experimentelle Techniken. Deswegen schlössen sich eine formale und eine funktionale Analyse der Sprache nicht gegenseitig aus, das werde durchaus praktiziert, z.B. von ihm selbst.

Chomsky (1959) räumt ein, dass die Untersuchung von Konditionierungsprozessen insbesondere bei Tieren durchaus ihre Berechtigung habe. Die Übertragung auf den Bereich menschlichen, insbesondere sprachlichen Verhaltens sei aber nicht angemessen. Die dort verwendeten Konzepte seien „leer“ und nutzlos. Hängt also, so Virues-Ortega, die Gültigkeit dieser Konzepte von der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes ab (schon MacCorquodale hat 1970 bemerkt, dass Chomsky offenbar davon ausgeht, dass außerhalb des Labors andere Naturgesetze gelten als innerhalb)?

Chomsky betont nun wieder, dass die Verhaltensanalyse ja z.B. auch in der pharmazeutischen Industrie ihre Anwendung gefunden habe und dass ihre Techniken durchaus auch gelegentlich in der „ernsthaften“ („serious“, S. 249) experimentellen Psychologie verwendet werden. Aber die Verhaltensanalyse sage wenig darüber aus, wie sich tierisches Verhalten entwickle oder wie es ausgeführt werde. Ob überhaupt so etwas wie Konditionierung existiere, werde ja auch immer wieder in Frage gestellt, z.B. von dem kognitiven Neuropsychologen Randy Gallistel (Gallistel & Gibbon, 2002) [Anmerkung.: Gallistel bezieht sich jedoch fast ausschließlich auf das klassische Konditionieren].

Zuletzt konfrontiert Virues-Ortega Chomskys mit den Einschätzung Skinners und anderer Verhaltensanalytiker bezüglich des Tonfalls seiner Besprechung. Skinner selbst fragte sich angesichts von Chomskys (1971) Besprechung von Skinners (1971) Beyond Freedom and Dignity, warum dieser wohl so wütend auf ihn sei. In der Besprechung von Verbal Behavior verwendet Chomsky viele Begriffe, die von Verhaltensanalytikern als herabsetzend oder aggressiv eingestuft wurden („Hebeldrückexperimente“, „perfekt nutzlos“, „Tautologie“, „sagt nichts von Bedeutung“, „Als-ob-Wissenschaft“ – „play-acting at science“ usw., alle Zitate aus Chomsky, 1959, S. 36-39).

Chomsky erwidert, er habe nachgeschaut, in welchem Kontext einige der oben genannten Wendungen vorgekommen seien. Es habe sich jedes Mal um eine vollkommen wertfreie Feststellung gehandelt. Dass die Definition von Verstärkung eine Tautologie sei, werde ja immer wieder von anderen als ihm festgestellt. Er könne also nicht erkennen, was da „wütend“ oder „aggressiv“ wirke. Er dagegen finde die Reaktionen auf seine Besprechung als nachgerade beleidigend („offensive“, S. 250). Die Kommentatoren sollten also gewissermaßen erst mal vor ihrer eigenen Türe kehren.

David Palmers Analyse des Interviews

Palmer (2006) sieht durch das Interview (Virues-Ortega, 2006) bestätigt, dass Chomsky Skinners Ansatz zur Erklärung sprachlichen Verhaltens noch immer völlig verständnislos gegenübersteht und dass er nach wie vor äußerst stereotype Ansichten über dessen konzeptuelle und empirische Grundlagen hegt.

Zunächst berichtet Palmer einige Hintergründe zur Entstehungsgeschichte von Verbal Behavior, die Chomskys Ausführungen im Interview illustrieren. Der Impuls für Verbal Behavior ging 1934 von einer Unterhaltung Skinners mit dem Philosophieprofessor Alfred North Whitehead bei einem Dinner in Harvard aus. Skinner legte seine Ansichten dar, bis Whithead ihn aufforderte, doch sein sprachliches Verhalten zu erklären, wenn er jetzt gleich „No black scorpion is falling upon this table“ („Kein schwarzer Skorpion fällt jetzt auf diesen Tisch“) sagen werde. Skinner begann noch in der Nacht nach dem Gespräch mit Whitehead die Arbeit an einer verhaltenswissenschaftlichen Interpretation der Sprache. Er widmete einen Großteil des Jahres 1944 diesem Projekt und fasste seine Erkenntnisse 1947 in der William James Vorlesungsreihe an der Universität Harvard zusammen. Kopien des Vorlesungsskripts kursierten bald unter den Studierenden, was nicht nur Chomsky (im Gespräch mit Virues-Ortega, 2006), sondern auch Osgood (1958) bestätigt. Während eines Forschungsfreisemesters 1955, das Skinner in Putney im US-Bundesstaat Vermont verbrachte, verfasste er den Rohtext von Verbal Behavior.

Skinner (1957) betont gleich auf den ersten Seiten von Verbal Behavior, es handle sich hier nicht um eine experimentelle Analyse sondern vielmehr um eines Interpretation von alltäglichen Fakten. Dabei beruht diese Interpretation auf gut kontrollierten Laborexperimenten. Skinner bezieht sich nicht auf traditionelle strukturelle Formulierungen und steht weit jenseits der üblichen Spekulationen in der Psychologie und der Linguistik. Die konzeptuellen Grundlagen des Buches sind gänzlich bereits in The Behavior of Organisms (1938) und in Science and Human Behavior (1953) zu finden.

Die ersten Besprechungen des Buches waren zum Teil positiv, zum Teil gemischt, immer aber respektvoll (siehe Knapp, 1992, für eine Zusammenfassung). Chomskys (1959) Besprechung dagegen war 33 Seiten lang und in einem aggressiven, debattenartigen Stil verfasst, wie er unter Linguisten und Philosophen gelegentlich üblich ist. Chomsky schickte Skinner einen Entwurf seiner Besprechung, der sie aber nach kurzer Lektüre, angewidert von ihrem polemischen Stil, beiseite legte (Skinner, 1972, S. 345-346).

Chomskys (1959) zentraler Punkt ist folgender: Wenn man Skinners Analyse wörtlich nimmt, dann ist sie offenkundig falsch. Wenn man sie im übertragenen Sinne auffasst, dann ist sie nicht mehr als eine alltägliche Betrachtung, die in die Sprache des Labors gefasst ist. „This creates the illusion of a rigorous scientific theory with very broad scope, although in fact the terms used in the description of real-life and laboratory behavior may be mere homonyms“ (S. 31). Chomsky argumentiert, dass Begriffe wie „Stimulus“, „Wahrscheinlichkeit“ und „Stimuluskontrolle“ unangemessen sind, wenn sie auf menschliches Verhalten übertragen werden. Er illustriert dies an vielen Beispielen. Der Begriff „Reaktionsstärke“ etwa sei eine Umschreibung für weniger eindrucksvolle Ausdrücke wie „Interesse“, „Absicht“, „Glaube“ usw. Skinner sage etwa über den Vorgang, wie eine wissenschaftliche Aussage betätigt werde aus, dass dabei zusätzliche Variablen generiert werden, die die Wahrscheinlichkeit der Aussage erhöhen („generating additional variables to increase its probability“, S. 425). Wenn man diese Definition, so Chomsky (S. 34), wörtlich nehme, dann könne man den Grad der Bestätigung einer wissenschaftlichen Aussage daran ablesen, wie laut, schrill oder häufig diese geäußert werde.

Gerade hier sieht man, wie sehr Chomsky Skinner absichtlich missverstand, um in der Debatte einen Punkt zu machen. Skinner überließ es oft dem Leser, sich die offenkundigen Beispiele selbst dazu zu denken. Die Überzeugungskraft von Chomskys Besprechung beruht zum Teil darauf, dass er sich nicht auf diese Aufgabe einlässt. Wann immer Skinners Text eine absurde Interpretation zuließ, stürzte sich Chomsky darauf. Es scheint, dass sich Chomsky auf die naheliegende Annahme stützte, dass kaum ein Leser die Mühe auf sich nehmen würde, die Zitate im Buch selbst im Kontext nachzulesen. Im obigen Bespiel zeigt die genaue Lektüre, dass Skinners Position gegenüber Chomskys Witzelei vollkommen immun ist. Nach Skinner hängt der Grad, zu dem ein Ereignis eine Äußerung „bestätigt“, zur Gänze von der Lerngeschichte des Individuums in Hinsicht auf die zusätzlichen kontrollierenden Variablen ab, von all dem, was diese ausmacht, von ihrer Art, von der Zuverlässigkeit des Sprechers usw. Ein Tact ist hier zum Beispiel wichtiger als ein Echoic. Zudem würde der Leser entdecken, dass die von Chomsky zitierte Passage in eine ausführliche Diskussion der pragmatischen Natur der wissenschaftlichen Wahrheit eingebettet ist, die alles andere eine bloße Umschreibung alltäglicher Weisheiten ist.

Wiest (1967) entgegnete auf Chomskys (1959) Besprechung, dass man Skinner wohl kaum zum Vorwurf machen kann, dass er es verabsäumte, die Konstrukte einer konkurrierenden Theorie zu beachten. Katahan und Koplin (1968) bezogen sich auf Kuhn (1962) und entgegneten, dass Wiest seine Zeit vergeude, denn der Konflikt zwischen dem Behaviorismus und seinen Kritikern sei ein paradigmatischer und dieser könne nicht durch einen Disput entschieden werden – nur die Zeit könne die Frage klären.

Kenneth Mac Corquodale (1970) schrieb eine ausführliche Entgegnung zu Chomskys Besprechung (vgl. oben) und reichte diese bei Language ein (der Zeitschrift, in der Chomskys Besprechung erschienen war). Aus nicht bekannten Gründen wurde das Manuskript dort abgewiesen, was angesichts der Bedeutung, die Chomsyks Besprechung hat, doch schon sehr erstaunt (und MacCorquodale ist kein Niemand, sondern einer der bedeutendsten Behavioristen). MacCorquodale veröffentlichte dann im Journal of the Experimental Analysis of Behavior. Palmer (2006) vermutet hierin einen der Gründe, warum so wenige Nicht-Behavioristen die Argumente gegen Chomsyks Besprechung wahrgenommen haben. MacCorquodale fasst Chomskys Besprechung so zusammen, dass diese sich auf drei Hauptargumente reduzieren lässt:

  1. Skinner Buch ist nicht mehr als eine ungetestete Hypothese
    Nach MacCorquodale setzt dieses Argument voraus, dass in der „wirklichen Welt“ (der menschlichen Sprache) andere Naturgesetze gelten als im Labor (was eine fürwahr wenig sparsame Grundannahme ist).
  2. Skinners technisches Vokabular ist lediglich eines Umschreibung traditioneller Begriffe
    Dem hält MacCorquodale entgegen, dass Skinners Begriff bei weitem sauberer definiert sind, als die diffusen Konzepte der Vernacular.
  3. Sprache ist ein komplexes Phänomen und es bedarf daher einer komplexen, neurologisch-genetischen Theorie, um sie zu erklären
    Wie interessant die zugrundeliegenden Prozesse auch sein mögen, eine Verhaltenswissenschaft ist nicht auf sie angewiesen, um Verhalten erklären zu können.

Zudem ignoriert oder missversteht Chomsky die Komplexität von Skinners Analyse. Chomsyk scheint zu glauben, dass wann immer Skinner eine kontrollierende Variabel nennt, er meint, damit die einzig verantwortliche Variable gefunden zu haben – so als sei Sprache nur eine Sammlung von Reflexen. Die multiple Verursachung von Sprechakten zieht sich jedoch als Thema durch das ganze Buch. In der Besprechung wird sie kein einziges Mal erwähnt.

Es gibt in der Tat auch informierte und faire Kritik an Teilen von Skinners Buch. So haben Hayes, Barnes-Holmes und Roche (2001), Stemmer (2004) und Tonneau (2001) eine Reihe an Problemen mit Skinners Theorie aufgelistet, die von trivialen zu fundamentalen Kritikpunkten reicht. Immer aber waren diese Kritiken mit einem Vorschlag zu einer verhaltensanalytisch basierten Verbesserung verbunden. Es ist somit unwahrscheinlich, dass ihre Vorschläge Chomsky zufrieden stellen würden.

Chomsky (1973) antwortete auf die Kritik MacCorquodales (1970) nur indirekt, in einer Fußnote (S. 24). Er erwidert aber praktisch gar nicht inhaltlich, sondern wiederholt lediglich sein bereits 1959 vorgebrachtes Argument: Wenn man Skinner wörtlich nehme… usw.

David Palmer (2006) erwiderte auf die zentrale Aussage Chomskys, dass man dieselbe Argumentation auch gegen Newtons Mechanik anwenden könnte: Wenn man Newtons Gesetze der Bewegung wörtlich nehme, dann seien sie (im Alltag) offenkundig falsch. Wenn man sie im übertragenen Sinne auffasse, dann seien sie nicht mehr als wissenschaftlich klingende Umschreibungen der Daumenregeln des Handwerkers. Skinner aber habe nicht beabsichtigt, dass man seine Analyse als Metapher auffasse. Er machte die starke Voraussage, dass die Prinzipien des Verhaltens, die im Labor entdeckt wurden im technischen Sinne auf die Interpretation sprachlichen Verhaltens angewandt werden können. Wenn Chomsky meine, leicht Beispiele aufzeigen zu können, die belegten, dass Sprache nicht so funktioniere, wie von Skinner beschrieben, dann vernachlässige er, dass die Realität immer komplex ist und Übertragungen von Laborergebnissen immer etwas spekulativ sind: Schon Newton klagte, dass er verzweifle, wenn er darüber nachdenke, wie der die Bewegung von nur drei Körpern (Erde, Sonne, Mond) bestimmen solle. Wie viel komplexer aber ist der Bereich menschlichen Verhaltens.

Spätestens seit 1970 wurde Chomskys Besprechung von Verbal Behavior zu einem Meilenstein der kognitiven Psychologie und Psycholinguistik. Kaum ein Lehrbuch der kognitiven Psychologie erwähnt sie nicht. Wann immer die Besprechung erwähnt wird, dann in der Regel so, als würde eine klassische Arbeit genannt – die Gültigkeit der Argumente Chomskys scheint für die Autoren außer Frage zu stehen. Bruner (1983) bezeichnete Chomsyks Besprechung als „elektrisierend: Noam in Höchstform, gnadenlos bringt er sein Opfer zur Strecke, brillant, Seit‘ an Seite mit den Engeln… in der selben Kategorie wie St. Georg, der den Drachen schlägt“ (S. 159-160, Übersetzung CB). Solche Äußerungen sind in der kognitiven Literatur weit verbreitet; nie aber findet man ein Anzeichen dafür, dass der Autor auch nur eine Zeile von Skinners Buch oder MacCorquodales Text gelesen hat (so Palmer, 2006, S. 259). Darüber hinaus ist die Behauptung, dass verhaltensanalytische Interpretationen von komplexen Vorgängen unangemessen sind, so etwas wie ein Axiom in den kognitiven Wissenschaften – und die Besprechung wird als ausreichender Beleg dafür angesehen.

Interessanterweise stoßen kognitive Forscher immer wieder auf Ergebnisse, die die Wirksamkeit der verhaltensanalytischen Prinzipien nahe legen (Dale, 2004). Statt nun aber diese Prinzipien zu vereinnahmen, schneidet sich die kognitive Psychologie davon ab. Richelle (1993) bemerkt hierzu, dass nur wenige Spezialisten bereit sind, das Risiko auf sich zu nehmen, in den Augen ihrer Kollegen in die Nähe von Skinner gerückt zu werden, wenn sie auch nur vermuten könnten, dass Skinner einige Entwicklungen der Psycholinguistik vorweggenommen hat. Chomskys Besprechung ist zumindest zum Teil dafür verantwortlich, dass die Verhaltensgesetze in den Theorien der Linguisten und Kognitivisten ausgeblendet werden. Die Besprechung war also sehr einflussreich: Ob der Einfluss der Psycholinguistik zum Vor- oder Nachteil gereicht, bleibt abzuwarten.

Man muss Chomsky zugute halten, dass er einer Diskussion mit Verhaltensanalytikern nie abgeneigt war. Der verhaltensanalytische Philosoph Ullin Place führte über 1993 eine Debatte mit Chomsky, die in The Analysis of Verbal Behavior veröffentlich wurde (Chomsky, Place & Schoneberger, 2000). Hier wie auch im Interview mit Virues-Ortega (2006) scheint Chomsky das Gefühl zu haben, aus einer Position der Stärke heraus argumentieren zu können. Palmer (2006) bemerkt einige Punkte zu Chomskys Interview von 2006:

Chomsky bestreitet, dass Verhalten ein Gegenstand der wissenschaftlichen Untersuchung sein kann. Es gehe immer um die zugrundeliegenden Prozesse, für die das Verhalten nur ein Indikator ist. Skinner widmete sich aber diesen „zugrundeliegenden Prozessen“ über weite Strecken seiner Karriere (vgl. Morris, Lazo & Smith, 2004). Chomsky scheint damit jedoch in keiner Weise vertraut zu sein und offenbart durch diese Aussage mehr über sich als über Skinner.

Chomsky weigert sich 2006 auch nur den geringsten Fehler einzugestehen, auch wenn er mit offenkundigen Fehlern seiner Besprechung konfrontiert wird. Zum Beispiel widmete er sechs Seiten der Besprechung einer Widerlegung der Triebreduktionstheorie der Verstärkung – der weder Skinner noch ein anderer Behaviorist seiner Zeit je anhing. Virues-Ortega hält Chomsky noch zwei weitere Beispiele vor, bei denen Chomsky Skinner Positionen unterstellt, die dieser nie vertreten hat. Man könnte nun erwarten, dass Chomsky diese Fehler zwar einräumt, aber bspw. als unbedeutend abtut. Doch nein: Chomsky übergeht diese Punkte einfach: „Natürlich habe ich die Triebreduktionstheorie diskutiert, aber ich habe sie nicht auf Skinner bezogen“ (Virues-Ortega, 2006, S. 247, Übersetzung CB). Wieso „natürlich“? Wessen Triebreduktionstheorie diskutierte Chomsky dann? Und welche Bedeutung könnte das für Skinners Verbal Behavior haben? – Chomsky beantwortet diese Fragen so: Er habe weit über Skinner hinaus gehen wollen, um quasi den Behaviorismus in toto zu besprechen. Man fragt sich jedoch unwillkürlich, ob dies nicht einfach eine post-hoc Interpretation ist, durch die Chomsky vermeidet, seine Schlamperei einzugestehen. Denn merkwürdigerweise dreht sich die Besprechung nur um Skinner. Chomsky schreibt darin kein einziges Mal, dass er „eigentlich“ den „ganzen Behaviorismus“ kritisieren wolle. Selbst wenn man hierüber großzügig hinweg geht: Kein damals (1957) lebender Behaviorist vertrat je die Triebreduktionstheorie. Skinners Position ist nicht eine Unterabteilung eines „allgemeinen Behaviorismus“. Einige Teile der Besprechung wären, wenn man Chomsky glauben soll, somit gegen Skinner, einige gegen einen nicht-spezifizierten (durch keine Person verkörperten) „allgemeinen Behaviorismus“ gerichtet. Nur wird der Leser nicht darin eingeweiht, wann Chomsky über was schreibt. Wenn die Besprechung also ohne Fehler sein soll, dann muss sie ein zusammenhangloses Gemenge sein.

Chomsky bestreitet, dass die Besprechung in einem scharfen Ton geschrieben sei. Man sollte Chomsky zugestehen, dass Linguisten in ihren Debatten oft einen sehr polemischen Stil pflegen. Gemessen daran ist Chomskys Stil in der Besprechung von Verbal Behavior höflich und zurückhaltend. Doch Chomsky scheint das Gespür dafür zu fehlen, wie Außenstehende seine Formulierungen wahrnehmen (z.B. Czubaroff, 1988, S. 324). Der Ton, den Chomsky anschlägt, lässt sein Gegenüber auf keine fruchtbringende Debatte hoffen. Der Tonfall der Besprechung von Verbal Behavior ist aggressiv, nicht wütend. Nimmt man dagegen Chomskys Bemerkungen zu Beyond Freedom and Dignity (Skinner, 1971), so sieht man, wie Chomsky sich anhört, wenn er „in Höchstform“ ist. Hier ein Beispiel für Chomskys Stil: „Es fällt schwer, sich eine schlagenderes Beispiel vorzustellen, wie jemand unfähig ist, auch nur die Grundlagen des wissenschaftlichen Denkens zu verstehen“ (Chomsky, 1973, S. 46).

Chomsky fasst das Erbe Skinners so zusammen, dass nichts übriggeblieben sei, außer ein paar experimentelle Techniken von begrenztem Wert. Unter anderem sei die Verhaltensanalyse von den Entwicklungen in der vergleichenden Psychologie und Ethologie überrollt worden. Er beruft sich hier v.a. auf die Arbeit der Brelands (1961). Offenkundig ist er mit diesen Arbeiten nicht vertraut. Keller Breland und Marian Breland-Bailey sowie Robert Bailey nutzten über 50 Jahre lang die Prinzipien des operanten Konditionierens, um Tiere zu dressieren. Sie taten das überaus erfolgreich; keineswegs stellten sie fest, wie Chomsky das darstellt, dass die Tiere nur vorübergehend leicht von ihrem instinktivem Verhalten abwichen, um bald wieder in dieses zurück zu fallen. Vielmehr erwies sich, dass einige Generalisierungen nicht so funktionierten, wie man sich das ursprünglich gedacht hatte: Dieser „Breland-Effekt“ wurde jedoch ohne begriffliche Verrenkungen in die Verhaltensanalyse integriert. Skinner bezog sich später auf die Untersuchungen der Brelands und diese wiederum blieben Verhaltensanalytiker (insbesondere Robert Bailey, der erst vor kurzem, 2005 von der ABA für sein Lebenswerk geehrt wurde) und Skinner weiter eng verbunden (vgl. einen Brief Brelands an Skinner).

Chomsky scheint sich die Verhaltensanalyse als eine Art Dogma vorzustellen, an dem unbeeindruckt von Erkenntnissen festgehalten wird. Die Verhaltensanalyse hat sich über die Jahre eine Vielzahl an neuen Forschungsbereichen erschlossen, sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der angewandten, genannt sei hier nur – für den Bereich sprachlichen Verhaltens – die Forschung zum „joint control“ (z.B. Lowenkron, 1998), zur Namensgebung (z.B. Horne & Lowe, 1996), zur Stimulusäquivalenz (z.B. Sidman, 1994) und zur Relational Frame Theory (z.B. Hayes et al., 2001).

Chomsky betont 2006 mehrfach, wie einflussreich Skinners Gedanken zur Sprache in den fünfziger Jahren gewesen seien und wie wenige Dissidenten es gegeben hat (offenkundig, um sich selbst als einen der „glücklichen Wenigen“ – bzw. deren Anführer – zu präsentieren). Skinner mag zwar eine charismatische und einflussreiche Persönlichkeit im Harvard der fünfziger Jahre gewesen sein. Chomsky aber überschätzt die Bedeutung Skinners zu dieser Zeit. Außerhalb von Harvard spielten Skinners Gedanken kaum eine Rolle. Im Gegenteil, Skinners Schüler taten sich so schwer, ihre Arbeiten in etablierten psychologischen Fachzeitschriften unterzubringen, dass sie letztlich ihre eignen gründen mussten.

Palmer (2006) fasst zusammen, dass Chomsky 1959 wie 2006 einen Strohmann abfackelt: Einen extremen Umwelttheoretiker, der dem Stimulus-Response-Dogma anhängt und für Belege und empirische Daten unempfänglich ist. Ein solches Zerrbild lässt sich leicht vernichten. Chomsky hatte einen enormen Einfluss auf die Psychologie – jedoch nicht in produktiver Hinsicht. Schriften von ihm, die später als 1965 datieren, werden kaum zitiert (Cook & Newsom, 1996, S. 78). Über zwei Jahrzehnte versuchten Chomsky und seine Anhänger die Syntax mit Transformationsregeln zu modellieren, mussten diesen Versuch aber letztlich aufgeben. Chomsky musste die Erklärung für alles in das Lexikon verlagern – eine Schritt, der seine Modell kein bisschen plausibler machte. Es ist wahr, dass die kognitive Psychologie in den Jahren seit Chomskys Besprechung aufblühte. Aber ebenso – und von kognitiven Psychologen ignoriert – erblühte die Verhaltensanalyse. Das Interesse an Skinners Analyse des sprachlichen Verhaltens ist so groß wie nie. Die Zahl wissenschaftliche Arbeiten, die von Skinners Buch angeregt wurden, hat sich in den letzten dreißig Jahren verachtfacht (Eshleman nach Palmer, 2006, S. 265, auch Eshleman, 1991, Sautter & LeBlanc, 2006). Praktische Anwendungen gibt es zuhauf – die Intervention bei Autismus sei als nur eine von vielen genannt. Palmer (2006) bemerkt, dass er von keiner praktischen Anwendung wüsste, die auf Chomskys Analyse aufbaut.

David Palmer schließt mit den folgenden Worten:
„Skinners analysis of verbal behavior is not a museum piece, a moribund historical curiosity; it is the foundation of an active research program, continuing conceptual development, and of practical applications with potentially far reaching effects“ (S. 265).

Literatur

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Wissenschaftstheorie: War die „Kognitive Wende“ eine wissenschaftliche Revolution?

Die sogenannte kognitive Wende in der Psychologie wird gerne als eine wissenschaftliche Revolution betrachtet. Der Umstand, dass sich im Lauf der fünfziger Jahre immer mehr Psychologen vom Behaviorismus abwandten und die sogenannte kognitive Psychologie begründeten, wird als Beleg dafür genommen, dass das behavioristische Paradigma überkommen und unfruchtbar geworden war. In der Tat scheint die Argumentation, nach O’Donohue et al. (2003) folgendermaßen zu verlaufen:

  1. Es gab eine wissenschaftliche Revolution
  2. Nach Popper zeigt eine wissenschaftliche Revolution an, dass die ältere Theorie aufgrund von falsifizierenden Daten der neueren Theorie unterlag.
  3. Also wurde das behavioristische Forschungsprogramm aufgrund falsifizierender Daten ad acta gelegt.

Tatsächlich hat aber nach den Maßstäben der Wissenschaftstheorie keine „Revolution“ stattgefunden. O’Donohue et al. (2003) vergleichen die Aussagen der wichtigsten Wissenschaftstheoretiker (Popper, Kuhn, Lakatos, Laudan und Gross) darüber, was eine wissenschaftliche Revolution ausmacht, mit den Aussagen einiger der wichtigsten Vertreter der kognitiven Wende und kommen zu dem Ergebnis, dass keine wissenschaftliche Revolution im traditionellen Sinne stattgefunden hat. Am besten wird die kognitive Wende als ein sozio-rethorisches Phänomen (im Sinne Gross‘) beschrieben.

O’Donohue et al. (2003) greifen dabei zum einen auf die Ergebnisse eines Fragebogens zu, den sie an sechs bedeutende Proponenten der kognitiven Wende versendeten, zum andern auf die Aussagen anderer bedeutender „Kognitivisten“ (wie z. B. Noam Chomsky und Ulric Neisser), wie sie in einem Buch zum Thema, Baars (1986) The Cognitive Revolution in Psychology, niedergelegt sind.

Nach Popper ist eine wissenschaftliche Revolution dann gegeben, wenn die alte Theorie falsifiziert wurde und wenn die neue Theorie über mehr „Erklärungs- und Vorhersagekraft“ verfügt, in dem Sinne, dass sie mehr empirische Daten erklären kann und logisch stringenter ist. Von der kognitiven Wende kann dies nicht behauptet werden. Keiner ihrer Hauptvertreter kann konkrete empirische Daten nennen (z. B. Ergebnisse von Experimenten), die das behavioristische Forschungsprogramm falsifiziert hätten oder die nicht mehr mit den Mitteln dieses Programms hätten erklärt werden können. Vielmehr sprechen Kognitivsten wie Philip Johnson-Laird von kleineren (prinzipiell aber lösbaren) Ungereimtheiten (embarrassments ), die sie sich vom Behaviorismus abwenden ließen.

Nach Kuhn ist eine wissenschaftliche Revolution dann zu erwarten, wenn die alte Theorie in einem „Meer von Anomalien“ ertrinkt und eine neue Theorie einen besseren Ansatz aufweist, mit dem sie die Anomalien auflösen kann. Die Probleme, die sich bei der behavioristischen Forschung zeigten, wurden durch die kognitive Wende nicht gelöst (vielmehr kam die weiter fortbestehende behavioristische Forschung nach und nach selbst damit klar). Kognitivisten beschäftigten sich lieber mit anderen Themen als die Behavioristen zu dieser Zeit schwerpunktmäßig. Von einem „Meer von Anomalien“ gar kann keiner der befragen Kognitivisten sprechen, im Gegenteil, ihnen fallen kaum Beispiele für „Anomalien“ ein (die den Namen verdienten).

Lakatos sieht eine wissenschaftliche Revolution dann heraufziehen, wenn sich die alte Theorie zunehmend auf Ad-hoc-Strategien verlegen muss, um auftretende Anomalien zu bewältigen. Ein typisches Beispiel sind die Epizykel, mit denen das ptolemäische Weltbild gerettet werden sollte. Ein progressives Forschungsprogramm dagegen kann nicht nur die Anomalien des degenerierenden Programms beseitigen, es schreitet gewissermaßen theoretisch der Empirie voraus: Neue Fakten werden theoretisch vorausgesagt, nicht die Theorie post hoc zu den Tatsachen „passend gemacht“. Der behavioristische Forschungsansatz hörte aber damals, auch nach Aussage der Kognitivsten, nicht auf, neue Voraussagen zu treffen. Auch trifft es nicht zu, dass Anomalien nur mehr mit Ad-hoc-Strategien gelöst wurden. Die Kognitivisten können sich nicht auf einen empirischen Befund einigen, der den Behaviorismus in Bedrängnis gebracht hätte, vom Kognitivismus aber elegant gelöst worden wäre. Die wenigen genannten Befunde (überhaupt zogen es die Befragten, auch auf konkrete Nachfragen, vor, allgemeine Aussagen zu machen und biographische Details auszuführen, anstatt Forschungsergebnisse zu benennen) sind aus behavioristischer Sicht eher „kleine Probleme“. Ein experimentum crucis fand sich nicht: „proponents of the revolution have yet to impart how the cognitive program is progressing when compared to the degenerating behavioral program. Namely, what are these `cataclysmic´ data that `drowned´ the behavioural program in an `ocean of anomalies´“? (S. 97).

Laudan hebt auf die höhere Problemlösefähigkeit der neuen Theorie ab, wenn er die Gründe für wissenschaftliche Revolutionen betrachtet. Die behavioristische Forschungstradition hätte demnach intern inkonsistent sein müssen, metaphysische Annahmen machen müssen, Prinzipien verletzen müssen, die sie begründet hatte und sich nicht in Einklang mit übergreifenden Theorien (z. B. der Evolutionstheorie 1) bringen lassen können. Die kognitive Psychologie müsste demnach viel mehr empirische Probleme lösen können als die Verhaltensanalyse, insbesondere solche, die der Behaviorismus nicht zu lösen imstande ist. Dies kann durch die Aussagen der befragten Kognitivsten nicht bestätigt werden. Sie sprechen dem kognitiven Forschungsprogramm mehr „Attraktivität“ zu als dem behavioristischen, nicht aber eine bessere Problemlösefähigkeit.

Gross` Perspektive kommt dem, was bei der kognitiven Wende stattfand, noch am nächsten. Diese war ein soziologisches Phänomen. Die Psychologen schienen nach und nach überzeugt zu sein, dass das kognitive Forschungsprogramm erfolgversprechender sei als das behavioristische. Dieser Wandel war nicht logisch begründet. Er lässt sich am besten als ein Überzeugungsprozess beschreiben, bei dem es dem Überzeugten nachher schwer fällt, zu erklären, was ihn denn nun überzeugt habe. Überzeugend waren bei der kognitiven Wende – so bestätigen es auch die Aussagen der Befragten – vor allem die (in der Regel rein theoretischen, d. h. keine neue empirische Forschung referierenden) Bücher der Vorreiter des Kognitivismus. Der Vorzug der kognitiven Psychologie ist, dass sie wesentlich „lebensnaher“ und an das Alltagsverständnis angelehnt schreiben (können) als die an die Regeln einer Naturwissenschaft gebundenen Behavioristen. Hinzu kam der Reiz des Neuen: Wer zur fraglichen Zeit im behavioristischen Programm blieb, der musste erst den ganzen, bis dahin schon recht umfangreichen Grundstock an Forschung begreifen und berücksichtigen. Das kognitivistische Forschungsprogramm war dagegen ein unentdecktes Land, mit vielen Möglichkeiten, Phänomene neu, nämlich als „kognitive“ Phänomene, zu untersuchen und zu beschreiben.

1 Speziell hier stellt die kognitive Wende einen eindeutigen Rückschritt dar: Man fragt, sich welchen adaptiven Wert die zahlreichen „kognitiven Prozesse“ haben sollen, die von den Kognitivisten angenommen werden. Das operante Konditionieren passt sehr gut zur biologische Evolution (und ist gewissermaßen eine Fortsetzung der Evolution auf der Ebene des Individuums).

Literaturangabe:
O’Donohue, W.; Ferguson, K.E. & Naugle, A.E. (2003). The structure of the cognitive revolution. An examination from the philosophy of science. The Behavior Analyst, 26, 85-110. https://doi.org/10.1007/BF03392069

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Kann sprachliches Verhalten durch einen behavioristischen Ansatz erklärt werden?

Zur Einführung in das Thema empfehle ich die Lektüre des Artikels Verbal Behavior in der Internet-Enzyklopädie „Wikipedia“.

Zusammenfassung

Wenn man mit deutschen Psychologen über den Behaviorismus diskutiert, bekommt man – neben vielen Halbwahrheiten und Missverständnissen – ab und an zu hören, „seit Chomsky“ sei ja ohnehin ausgemacht, dass der behavioristischen Ansatz auf komplexes menschliches Verhalten nicht übertragbar sei. Die Proponenten dieser Behauptung beziehen sich dabei auf die Besprechung von B.F. Skinners Buch „Verbal Behavior“ (1957) durch den Linguisten Noam Chomsky (1959). Chomsky habe hier gezeigt, dass Skinners Anwendung des verhaltensanalytischen Erklärungsapparats auf sprachliches Verhalten fehlerhaft sei und dass der Behaviorismus zur Erforschung der menschlichen Sprache nicht tauglich sei. Interessanterweise haben die Anhänger dieser Legende – Chomsky hat Skinner „widerlegt“ – in der Regel weder das Buch „Verbal Behavior“ noch Chomskys Besprechung dazu gelesen. Bei einer genaueren Betrachtung von Chomskys Rezension aber beschleicht einen der Verdacht, dass auch Chomsky das von ihm besprochene Buch nicht richtig gelesen hat.

MacCorquodales Replik zu Chomsky

Sowohl was ihren Einfluss auf die Wissenschaft als auch was ihr Potenzial zur Erzeugung von Kontroversen angeht, sind sowohl Skinners Verbal Behavior (1957) als auch Chomskys Besprechung des Buches (1959) als echte Erfolge zu bezeichnen. Chomskys Besprechung war, milde ausgedrückt, unfreundlich. Sie besteht aus zwei Teilen: Im ersten kritisiert Chomsky Skinners analytischen Apparat, im zweiten folgt eine kurze und eher oberflächliche Kritik der Anwendung dieses Apparats auf sprachliches Verhalten. Chomskys Kritik wurde fast nie in systematischer Weise widersprochen, die Analyse von MacCorquodale (1970) steht hier einzig da. Der Grund dafür mag in dem Umstand liegen, dass Chomsky über weite Strecken einen Behaviorismus „widerlegt“, der so von niemandem (mehr) vertreten wird, am wenigsten von Skinner selbst. So verwendet er ganze sechs Seiten auf eine weitere Widerlegung der Trieb-Reduktions-Theorie der Verstärkung (die schon lange aus der Debatte verschwunden ist). Der hauptsächliche Grund für die Schweigsamkeit der Behavioristen zu Chomsky mag in dem Ton seiner Besprechung liegen: Sie ist, so MacCorquodale, „kleinlich bei Fehlern, herablassend, nachtragend, begriffsstutzig und schlecht gelaunt“ (S. 84, Übersetzung von CB). So bezeichnet Chomsky das einwandfrei sauber definierten Wort „Verhaltensantwort“ (response) ständig als einen „Begriff“ (notion), was das Wort irgendwie dubios erscheinen lässt. Die einzige nette Bemerkung in der Rezension findet sich in einer Fußnote.

MacCorquodale hält Chomskys Besprechung für durchaus beantwortbar. Obwohl sie sehr lang ist, sei sie in hohem Maße redundant: Tatsächlich lässt sie sich auf drei Krenaussagen reduzieren.

Obwohl seine Grundannahme eine empirische ist, enthält Skinners Buch keine empirischen Daten in Bezug auf sprachliches Verhalten. Chomsky hat selbst keinerlei Daten, um Skinners Hypothese zu widerlegen. Er hat sich auch nicht die Mühe gemacht, je irgendwelche Daten dahingehend vorzulegen. In der Tat gibt es bis heute keine Daten (die von Kognitivisten vorgebracht werden), die Skinners Hypothese widerlegen könnten. Dies sollte man bedenken, wenn man hört, dass Chomskys Arbeit zeige, dass sprachliches Verhalten nicht durch Skinners Form der funktionalen Analyse erklärt werden könne (so z.B. Fodor & Katz, 1964, S. 546). Chomsky hat nichts in der Art gezeigt, er hat es lediglich behauptet. Um so überraschender ist es, dass sich Chomsky nie auf eine von Skinners früheren Arbeiten bezieht (wie etwa Science and Human Behavior , 1953), in der die funktionale Analyse des Verhaltens erläutert wird und in der die Grundlagen für Verbal Behavior gelegt werden. Der Verdacht liegt nahe, dass Chomsky sich nie mit diesen Grundlagen auseinandergesetzt hat und deshalb auch nur das Zerrbild eines Behaviorismus, wie er es sich zusammengereimt hat, angreifen kann. Und, bei genauerer Betrachtung entsteht der Eindruck, auch Verbal Behavior hat Chomsky nie wirklich gelesen…

Chomskys erste Kritik an Verbal Behavior ist, dass es sich um eine ungetestete Hypothese handelt, die nicht ernsthaft diskutiert zu werden braucht (so MacCorquodale, 1970, S. 84ff). Zwar benutzen weder Skinner noch Chomsky das Wort „Hypothese“, im Gunde aber ist Verbal Behavior eine Hypothese, nichts anderes. Skinners Hypothese unterscheidet sich von gewöhnlichen psychologischen Hypothesen, insofern als sie keine Bezüge auf unbeobachtbare oder fiktionale Vorgänge enthält, sondern sich lediglich auf das von Menschen geäußerte sprachliche Verhalten bezieht. Seine Hypothese lautet, stark verkürzt, dass alles sprachliche Verhalten nach denselben Prinzipien funktioniert wie anderes Verhalten auch und dass es sich in den Begriffen von Stimulus, Verhalten und Verstärkung beschreiben und erklären lässt. Diese Hypothese mag sich als falsch erweisen, jedoch gilt es zu bedenken, dass diese Prinzipien sehr gut erforscht sind und dass sie sich als in einem erstaunlichen Maße artübergreifend gültig erwiesen haben: Vom Fisch bis zum Menschen, das operante Konditionieren funktioniert bei allen Arten auf dieselbe Art und Weise. Die Annahme, dass beim Menschen – speziell beim sprachlichen Verhalten – auf einmal ganz andere Prinzipien wirksam seien, ist demgegenüber ein außergewöhnliche Behauptung, zu deren Beweis es auch außergewöhnlich guter Belege bedürfte.

Ein Problem, das Psychologen mit dem Wort „Hypothese“ haben, ist, dass sie es mit „hypothetisch“ verwechseln. An Skinners Hypothese, sprachliches Verhalten folge denselben Prinzipien wie anderes Verhalten auch, ist aber nichts Dubioses oder Zweifelhaftes. Es handelt sich hier eher um eine „Null-Hypothese“, an der festzuhalten ist, bis eindeutige Daten sie wiederlegen. Skinners Problem besteht darin, dass keine Experimente zu dieser Hypothese (dass alles sprachliche Verhalten wie anderes Verhalten auch mit den Werkzeugen der Verhaltensanalyse erklärbar ist) möglich sind, wenngleich auch schon Verbal Behavior voller Beobachtungen ist. Seine Situation gleicht der eines Astronomen, der die Gezeiten erklärt: Er hat zahlreiche Belege für die Richtigkeit seiner Hypothese, jedoch kann er kein Experiment zu ihrer Prüfung durchführen. Die Hypothese als solche (die postulierte Gültigkeit der verhaltensanalytischen Gesetzmäßigkeiten für den Bereich der Sprache) ist nicht beweisbar sonder nur widerlegbar. Skinners Situation gleicht insofern der des Astronomen, als alle Menschen unter diesen Bedingungen die Sprache lernen und dass es z.B. nicht möglich ist, jemanden das Sprechen lernen zu lassen, ohne dass diese Gesetzmäßigkeiten eine Rolle spielen, genausowenig, wie der Astronom den Mond wegnehmen kann, um zu beweisen, dass dieser die Gezeiten verursacht. Wohl aber können sowohl Skinner als auch der Astronom zeigen, dass die Realität mit der Hypothese gut übereinstimmt.

Chomsky vermeidet das Wort „Hypothese“ zugunsten einiger eher pittoresker Ausdrücke: „Analogie, metaphorische Erweiterung, Illusion, Homonym“: All diese Ausdrücke beziehen sich lediglich auf den Umstand, dass Skinners System eine Hypothese über sprachliches Verhalten darstellt. Genau betrachtet ist jeder wissenschaftliche Ausdruck in einer ungestesteten Hypothese zunächst einmal nur eine analoge Erweiterung des Bestehenden. Es steht zu vermuten, dass Chomsky diese Ausdrücke lediglich aufgrund ihres abwertenden Charakters wählte. Noch überraschender ist die Geschwindigkeit, mit der Chomsky von der Feststellung, dass es sich bei Verbal Behavior um eine Hypothese handle, zu dem Schluss kommt, es sei „nur“ eine Hypothese, die sich als falsch erweisen werde. Chomskys einziges „Argument“ in diesem Zusammenhang ist, dass man Laborergebnisse nicht auf das „wirkliche Leben“ übertragen könne – was voraussetzt, dass im Labor andere Naturgesetze gelten als außerhalb. Eine, wie  MacCorquodale feststellt, im Lichte von Occams Rasiermesser nicht gerade sparsame Annahme.

Skinner wendet die Terminologie des operanten Konditionierens auf das sprachliche Verhalten an. Der Stimulus „ein Musikstück“ löst die Verhaltensantwort „Mozart“ aus. Chomsky fragt, warum es gerade „Mozart“ seien solle, das durch den Stimulus ausgelöst werde. Das sei irgendwie sehr beliebig. So werden die Stimuli (bzw. die Auswahl des Stimulus) in den Organismus verlegt: Der Organismus wähle dann eben den Stimulus für ein bestimmtes Verhalten aus. Dem muss widersprochen werden, denn „beliebig“ sind die Stimuli nur im hypothetischen Beispiel. Weiter kritisiert Chomsky, dass Skinner z.B. nur den Fall erklären könne, dass jemand „Eisenhower“ sage, wenn der Mann zugegen sei, nicht aber in anderen Situationen. Es wird hier offenbar, dass Chomsky anscheinend glaubt, ein Verhalten (eine verbale Reaktion) könne nur durch einen Stimulus ausgelöst werden. Anders kann man sich Chomskys Behauptung, der Stimulus werde in den Organismus verlegt, nicht erklären: Wenn Eisenhower nicht da ist, dann muss er – so glaubt Chomsky – im Kopf des Sprechers sein. Im konkreten Fall kann es aber tausenderlei Stimuli geben, die die Reaktion „Eisenhower“ auslösen können (z.B. ein Foto, der Name „Chrustschow“ – was auch immer die Lerngeschichte des Individuums hergibt…). Anzunehmen, „Eisenhower“ müsse im Kopf des Spechers zugegen sein, um diesen „Eisenhower“ sagen zu lassen, ist ein typischer mentalistischer Fehlschluss: Chomsky kritisiert hier Skinner dafür, dass er – Chomsky – Skinners Argumente nicht verstanden hat und seine laienhaften Vorstellungen auf Verbal Behavior überträgt. Es soll sich einmal ein Geisteswissenschaftler – wie Chomsky einer ist – dasselbe Vorgehen bei einer Disziplin wie der Quantenmechanik erlauben (und dann diese dafür kritisieren, dass sie widersinnig sei – weil er sie nicht versteht). Die Empörung wäre zu Recht groß. Pikanterweise wird ausgerechnet Chomsky in Sokals und Bricmonts Buch „Eleganter Unsinn“ als Kronzeuge gegen solche Philosophen und Geisteswissenschaftler – die Naturwissenschaften nicht verstehen und aufgrund ihres eigenen Nicht-Verstehens kritisieren – aufgerufen.

Erwartungsgemäß findet Chomsky Skinners funktionale Definition von Verstärker – ein Verstärker ist ein Ereignis, das einem Verhalten folgt und das die Auftretenswahrscheinlichkeit dieses Verhaltens erhöht – unbefriedigend. Er beklagt sich darüber, dass Verstärker nur im nachhinein als solche erkannt werden könnten. Dabei hängt Chomsky der Vorstellung an, Skinner vertrete eine Trieb-Reduktions-Theorie der Verstärkung. Es scheint aber ein schlichtes empirisches Faktum zu sein, dass Verstärker nur ein gemeinsames Merkmal haben: Nämlich, dass sie verstärken. Man kann aber in individuellen Fällen durchaus voraussagen, welches Ereignis höchstwahrscheinlich ein Verstärker sein wird. Dies gilt insbesondere für primäre – unkonditionierte – Verstärker, die für bestimmte Arten spezifisch sind. Das Verhalten einer von Futter deprivierten Ratte kann mit sehr großer Wahrscheinlichkeit durch Futter verstärkt werden. Zudem gibt es mit dem Premack-Prinzip ein weitere Möglichkeit, Verstärker „von vorn herein“ zu finden. Je mehr man über die Lerngeschichte eines Organismus weiß, desto besser kann man verstärkende Stimuli voraussagen.

Chomsky scheint überzeugt davon zu sein, dass Skinner der Auffassung ist, verbales Verhalten könne nur durch langsame und vorsichtige Verstärkung (so Chomsky, 1959, S. 39, S. 42 und S. 43) konditioniert werden. Tatsächlich sagt Skinner an keiner Stelle etwas Derartiges – er impliziert es auch nicht. Wieder einmal überträgt Chomsky seine Vorstellung, davon, was ein hypothetischer Strohmann-Skinner seiner Vorstellung wohl sagen würde, auf den realen Skinner.

Chomsky scheint des weiteren der Ansicht zu sein (a.a.O., S. 43), dass man ja mittlerweile wisse, dass Sprachenlernen zum größten Teil auf Imitationslernen beruhe – womit er impliziert, dass operantes Konditionieren keine große Rolle spiele. Aber auch Skinner vertritt die Ansicht, dass Sprachenlernen viel Imitationslernen beinhalte. Nur dass das Lernen durch Imitation selbst ein Produkt von Verstärkung ist. Weiter nimmt Chomsky an, dass latentes Lernen (ohne Verstärkung) von kaum einem Forscher mehr bezweifelt werde (a.a.O., S.39). Die vielen Studien, die Chomsky hier zum Beleg anführt, weisen jedoch alle erhebliche methodische Probleme auf. Die Frage nach dem latenten Lernen ist nicht (zugunsten desselben) beantwortet worden. Die Frage wird schlicht und ergreifend nicht mehr gestellt, weil sie sich als nicht beantwortbar erwiesen hat.

Chomsky kritisiert Skinners Verwendung des Begriffs „Wahrscheinlichkeit“. Chomsky sagt, dass der Begriff „Wahrscheinlichkeit“ bei Skinner eine merkwürdige Bedeutung habe (a.a.O., S. 34). Das verwundert nicht, denn Chomsky zitiert hier Hulls Definition von Wahrscheinlichkeit (Widerstand gegen Extinktion), nicht Skinners (Wahrscheinlichkeit des Auftretens)… Skinner definiert Wahrscheinlichkeit nicht anders als jeder Naturwissenschaftler. Noch peinlicher für Chomsky sollte sein, dass er anscheinend den Unterschied zwischen der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer bestimmten verbalen Reaktion „an sich“ und der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer bestimmten verbalen Reaktion in einer bestimmten Situation nicht kennt (ebd.). Die „Wahrscheinlichkeit an sich“ für das Auftreten des Wortes „Mulct“ ist sehr gering. In dieser jetzigen Situation – wenn Sie das Wort lesen – ist die momentane Wahrscheinlichkeit wesentlich höher. Die „Wahrscheinlichkeit an sich“ ist ein Thema für Linguisten, die momentane Wahrscheinlichkeit ist die verhaltensanalytische Fragestellung schlechthin: Unter welchen Bedingungen äußert eine Person einen bestimmte Teil ihres sprachlichen Repertoires? MacCorquodale (1970) fragt sich, was Chomsky wohl überhaupt mit dem Inhalt von Verbal Behavior anfangen konnte, wenn er diese grundlegende Unterscheidung nicht machen konnte. So kann man auch folgendes Missverständnis nur mit Chomskys völliger Ignoranz des kritisierten Buches erklären: Skinner definiert mehrfach eine „starke Reaktion“ als eine solche, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auftrete – und warnt vor eventuellen anderen Interpretationen dieses Begriffes. Chomsky meint nun aber, dass eine „starke Reaktion“ im sprachlichen Verhalten eine solche sei, die „geschrieen“ (a.a.O., S. 35) oder aber „oft und in einer sehr hohen Tonlage“ (a.a.O., S. 52) geäußert werde.

Chomskys zweiter großer Kritikpunkt ist, dass Skinner nur die traditionellen Begriffe durch eine technisch klingende Sprache zu ersetzen versuche (Ein Vorwurf, den man m.E. eher Chomsky und seiner technizistischen, aber im Grunde nutzlosen, da zu ihrem eigentlichen Zweck – der Generierung von Sprache – nicht tauglichen generativen Transformationsgrammatik machen müsste; dies am Rande). Daher, so Chomsky, seien sie kein bisschen objektiver als die traditionellen Begriffe. So sei „Stimuluskontrolle“ nur eine unperfekte Umschreibung für „Referenz“. Sprachliche Zeichen besitzen nach traditioneller Ansicht Referenten. So ist der Referent für das Wort „Hund“ ein tatsächlicher Hund. Das Konzept der Referenz stimmt schon auf den ersten Blick nicht eins zu eins mit dem der Stimuluskontrolle überein, denn eine Äußerung wie „Verdammt!“ hat keinen Referenten, sehr wohl aber einen auslösenden Stimulus (z.B. sich die Hand am heiße Topf zu verbrennen). Stimuluskontrolle beinhaltet viel mehr als „Referenz“. Irgendwie scheint Chomsky das zu ahnen, denn er kritisiert die behavioristischen Begriffe dafür, dass sie die traditionellen Konzepte verwischen würden. Aber Skinners Analyse ist genauso wenig eine Paraphrase des linguistisch-philosophischen Mentalismus wie die moderne Physik eine Paraphrase des Pantheismus darstellt. Sie konvergieren – beziehen sich auf einen ähnlichen Realitätsausschnitt – aber mit ganz anderen Voraussetzungen und ganz anderen Ergebnissen. Jeder Begriff in Skinners Ansatz bezieht sich auf ein ganz konkretes Faktum, auf Objekte und Ereignisse, die physikalisch vorhanden sind. Das ist Objektivität.

Chomskys dritte Kritik besteht darin, dass Sprache ein komplexes Phänomen sei, dessen Verständnis eine komplexe Theorie benötige. In der Tat ist Skinners Erklärungssystem ein relative einfaches im Vergleich zur Komplexität des zu Erklärenden. Andererseits hat es viele Variablen und ebenso viele Funktionen. Es ist guter wissenschaftlicher Brauch, eine Theorie, die ein komplexes Phänomen mit wenigen Annahmen erklärt, einer anderen Theorie vorzuziehen, die wesentlich mehr Annahmen machen muss – vorausgesetzt, die sonstigen Bedingungen sind gleich (dies wird auch als Occams Rasiermesser bezeichnet und solche „sparsamen“ Theorien werden gemeinhin als „elegant“ betrachtet). Auch eine Theorie sprachlichen Verhaltens, die keine speziellen grammatik-erzeugenden Regeln beinhaltet, kann sprachliche Äußerungen erklären, die grammatikalischen Regeln gehorchen. Auch aus einfachen Gesetzen können komplexe Phänomene resultieren. Skinner weist in Verbal Behavior auf die Möglichkeit der multikausalen Verursachung, die zu besonderen Effekten führe, immer wieder hin. Wer das Buch aufmerksam liest, erkennt, dass es sich bei weitem nicht nur auf die Erklärung einfachen sprachlichen Verhaltens beschränkt. Chomsky begeht den typischen Denkfehler der Pseudo- und Parawissenschaftler, wenn er die unerklärten Fälle überbewertet: Weil etwas aktuell nicht erklärt sei, müsse es auch unerklärlich sein. Nichts anderes legt Chomsky hier nahe und er gleicht damit den UFO- und Geistergläubigen in ihrer Argumentation vom Nicht-Wissen her (argumentum ad ignorantiam ).

Skinners Gesetze sind funktional insofern als sie den Zusammenhang von Umweltereignissen und  Verhalten beschreiben – beides objektiv beobachtbare Sachverhalte. Sie beziehen sich nicht auf andere Ereignisse, die hypothetisch angenommen werden oder erfunden werden, um zwischen den Umweltereignissen und dem Verhalten zu vermitteln. Diese Funktionalität wird bisweilen als eine Verleugnung solcher vermittelnden Mechanismen missverstanden. Natürlich existieren solche vermittelnden Mechanismen – sie sind natürlich neurologischer Natur und sie unterliegen natürlich ebenfalls bestimmten Gesetzen. Chomsky ignoriert diese Voraussetzungen und schreibt, dass man wohl von einer Theorie, die Verhalten voraussagen soll, erwarten dürfte, dass sie sich auf diese vermittelnden Mechanismen bezieht (a.a.O., S. 27). Vielleicht dürfte man das erwarten, aber man muss es nicht. Solange man kein Neurophysiologe ist, ist es absolut überflüssig, mehr über diese internen Strukturen zu wissen, als dass sie existieren. Die Verhaltensanalyse sagt erfolgreich Verhalten voraus, ohne sich auf vermittelnde Mechanismen zu beziehen. Ein Psychologe, der wüsste, wie genau diese interne Struktur zwischen Umweltereignissen und Verhalten vermittelt, könnte das Verhalten nicht besser voraussagen, denn alles was er dazu wissen muss, kann er auch ohne das Wissen um die innere Struktur wissen. Im Gegenteil: Wenn er etwas über diese innere Struktur in Erfahrung bringen möchte, muss er sich auf Verhaltensdaten beziehen; der Verhaltensanalytiker aber muss sich nicht auf hypothetische innere Strukturen beziehen, um Verhalten vorauszusagen.

Um zu wissen, wie schnell ein Auto fahren wird, dessen Fahrer das Gaspedal auf eine bestimmte Art und Weise drückt, muss ich nichts über den Aufbau des Motors wissen: Es genügt zu wissen, dass das Auto einen Motor hat. Es ist lediglich notwendig, das „Verhalten“ des Autos unter bestimmten Umweltbedingungen (bei einem bestimmten Verhalten des Fahrers und bei bestimmten Straßenverhältnissen) zu beobachten. Der Vergleich hinkt insofern, als Psychologen nicht in der Lage sind, die Motorhaube zu öffnen. Kognitive Psychologen gleichen Auto-Experten, die über den hypothetischen Aufbau eines Motors debattieren, während ihre eher praktisch veranlagten Kollegen (die Verhaltensanalytiker) lieber eine Testfahrt unternehmen…

Chomsky sieht diese innere Struktur vor allem im Gehirn und er vermutet ihren Ursprung zum größten Teil in der genetischen Vorherbestimmung oder Programmierung. Obwohl er mit beidem (dem Sitz der inneren Struktur im Gehirn und der genetischen Bestimmtheit der Struktur des Gehirns) zweifelsohne Recht hat, so hat das doch nichts mit dem Inhalt von Skinners Hypothese zu tun. Chomsky (und die kognitiven Psychologen) scheint der Psychologie die Aufgabe zuzuweisen, mit den verfügbaren Daten – dem Verhalten – so lange vorläufig zu arbeiten, bei die Neurologie mit der „wirklichen“ Erklärung aufschließen kann (a.a.O., S. 27; im übrigen war das auch Sigmund Freuds ursprüngliche Position – die Physiologie werde eines Tages seine Theorie bestätigen, hoffte er). Tatsächlich aber „versuchen“ Verhaltensanalytiker nicht, Verhalten zu „spezifizieren“ – sie tun es bereits. Die funktionalen Gesetze der Verstärkung sind gesichertes empirisches Wissen, nicht eine Theorie, die auf eine neurologische Bestätigung wartet.

Für Chomsky scheint es von großer Bedeutung zu sein, dass möglicherweise bestimmte Aspekte des sprachlichen Verhaltens genetisch vorbestimmt sind. Er lastet es Skinner sehr an, dass dieser dazu keine Stellung bezieht und sieht das als eine unentschuldbare Lücke an. Zum einen folgert er aus der genetischen Vorbestimmtheit dass eine Theorie des sprachlichen Verhaltens deswegen unbedingt die Struktur des Gehirns berücksichtigen muss. Zum anderen ist für ihn der Umstand der genetischen Programmierung von Sprachverhalten inkompatibel mit der Rolle der Verstärkung, die Skinner ihr zuweist. Dem lässt sich entgegnen, dass die Struktur des Organismus nicht notwendigerweise in einem psychologischen Gesetz berücksichtigt werden muss (wie Chomsky das fordert, a.a.O., S. 44). So lange das Gehirn programmiert ist, wird es gesetzmäßige Zusammenhänge zwischen Stimuli und Verhalten erzeugen und ein funktionales Gesetz, das diesen Zusammenhang beschreibt, muss sich nicht auf die Struktur des Gehirns beziehen. Zudem, wenn die genetische Programmierung wirklich so eine große Rolle spielt, dann wird dies nicht durch die Berücksichtigung der Struktur, sondern nur durch die Berücksichtigung des Verhaltens erkannt werden. Zum anderen gibt es keine Unvereinbarkeit von genetischer Evolution und dem Prinzip der Verstärkung, im Gegenteil: beide ergänzen sich.

Chomsky erliegt auch dem üblichen Denkfehler aller „biologistischen“ Theoretiker: Der bloße Umstand, dass es grammatikalische Universalien gibt – so es diese denn gibt – ist kein Beleg dafür, dass es ein ererbtes Subsystem zum Grammatikerwerb im Gehirn gibt. Wenn alle Menschen, die Sprache erwerben, dies auf dieselbe Art und Weise tun (z.B. via Verstärkung), dann ist es nur wahrscheinlich, dass das Resultat dieses Erwerbs – die Sprache – gewisse Gemeinsamkeiten aufweist.

Des weiteren beeindruckt Chomsky der Umstand, das Kinder (bei weitem aber nicht alle Kinder) Grammatik vergleichsweise schnell erwerben – was seines Erachtens im Widerspruch zum Erwerb durch Verstärkung steht. Es ist aber nichts an der Verstärkung, das voraussetzt, dass diese langsam ablaufen müsste.

Alles in allem beschäftigt sich Skinner mit dem, was auch immer die Genetik dem Organismus zu tun übrig lässt. Diese beiden Faktoren sind nicht inkompatibel. Es ist unlogisch anzunehmen, weil wir eine Disposition für grammatikalisches Verhalten hätten, könnten wir dieses Verhalten nicht durch Verstärkung gelernt haben.

Grammatik besteht für Chomsky in einer Theorie bzw. Regeln oder einer Kompetenz, über die ein Mensch verfügt. Es ist eine Sache, über die das Kind und später der Erwachsene verfügt. Diese Sache offenbart sich dadurch, dass die Person über einen Mechanismus zum Verstehen und zum Generieren grammatischer Sätze verfügt. Dieser Mechanismus kontrolliert gewissermaßen den Eingang und Ausgang der Sprache. Zunächst einmal ist es merkwürdig, warum wir über einen Mechanismus verfügen sollten, der dem Rest der Person ständig mitteilt, ob ein Satz wohlgeformt ist oder nicht. Sprache muss aber nicht von einer extra Grammatik-Einheit produziert werden, um grammatisch zu sein. Ein simples System kann sehr strukturierten Output produzieren. Diese Struktur muss nicht im System vorliegen, sie liegt allein im Output selbst vor. Chomsky dagegen nimmt an, dass Grammatik quasi unabhängig von dem Gesprochenen vorliege und auf das Gesprochene einen kausalen Einfluss ausübe. Chomsky sieht diesen Grammatik-Mechanismus als eine Art Kontrollinstanz, die durch keinerlei Input erreicht wird. Aber niemand spricht reine Grammatik: Alle Sätze haben grammatikalisch irrelevante Elemente – zu mindest haben sie Inhalt. Früher oder später muss irgend etwas in dieses System hinein kommen. Eine sprachlich kompetente Person kann zwischen verschiedenen Sätzen hinsichtlich ihrer Grammatikalität diskriminieren und sie kann grammatikalisch richtige Sätze erzeugen, die von andern dahingehend diskriminiert werden können. Das bedeutet nicht notwendigerweise, dass diesen beiden Fähigkeiten ein gemeinsames System zugrunde liegt. Ein Kind lernt sowohl zu laufen als auch zwischen „laufen“ und anderem Verhalten bei anderen Menschen zu diskriminieren. Durch die Annahme, das Kind verfüge über eine Theorie des Laufens, wird nichts gewonnen.

Im zweiten Teil der Besprechung kritisiert Chomsky die Anwendung von Skinners System auf sprachliches Verhalten. So fragt er sich, ob man je den relevanten Deprivationszustand für solche Forderungen wie „Gib mir das Buch!“ herausfinden wird. Dabei vergisst er, dass Verstärker nicht notwendigerweise trieb-reduzierend wirken müssen. Ein weiterer Lapsus unterläuft Chomsky, als er sich darüber amüsiert, dass „ein Sprecher nicht angemessen auf die Forderung `Geld oder Leben´ reagieren wird können, so lange er keine Vorgeschichte hat, die ein Getötet-werden beinhaltet“ (a.a.O., S. 46). Der Sprecher aber äußert in diesem Fall die Forderung und benötigt lediglich eine Vorgeschichte, die das Bedürfnis nach Geld beinhaltet. Das Absurde liegt hier bei Chomsky und nicht in Verbal Behavior.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Chomsky eine Theorie kritisiert hat, die so von niemandem vertreten wird, ein Amalgam, dass einige veraltete behavioristische Versatzstücke beinhaltet, wie z.B. die triebreduzierende Wirkung von Verstärkung, das Extinktions-Kriterium für Antwort-Stärke, eine Pseudo-Inkompatibilität von Genetik und Verstärkung und andere Dinge mehr, die nichts mit Skinners Theorie zu tun haben. Chomsky weist ohne Diskussion die Logik des Reduktionismus zurück und er erkennt an keiner Stelle die Möglichkeit an, dass Verhalten durch verschiedene Ursachen beeinflusst wird – bei Skinner nimmt das breiten Raum ein.

Die kognitive Psychologie begründet zum Teil mit Chomskys Besprechung von Verbal Behavior die Notwendigkeit für ein neues Paradigma und den Abschied vom Behaviorismus. Neue Paradigmen aber sind, so MacCorquodale, in der Psychologie im Dutzend billiger. Behavioristen verstehen neue Daten. Jedoch konnte weder Chomsky noch einer seiner geistigen Schüler bislang Daten vorlegen, die die Grundaussagen von Verbal Behavior in Frage stellen könnten.

Palmers Kritik an Chomskys „angeborener Grammatik“

Palmer (2000) stellt fest, dass er lange Zeit Chomskys Kritik an Skinner lediglich als eine polemische Übung ohne echte Bedeutung für die Wissenschaft von der Analyse des verbalen Verhaltens betrachtet hat. Jedoch belehrte ihn die Reaktion vieler Linguistik-Professoren auf seine Einwände gegen Chomsky eines Besseren: Er kam sich vor wie ein Fanatiker, den man nur milde belächelte, zu eingefahren war die Überzeugung, Chomsky habe Skinner „widerlegt“. Offenkundig besteht noch großer Aufklärungsbedarf.

Die Kontroverse zwischen Skinner und Chomsky dreht sich nicht darum, ob sprachliches Verhalten sowohl ontogenetische als auch phylogenetische Voraussetzungen hat, sondern darum, ob es einen angeborenen Mechanismus geben muss, der die Anordnung elementaren verbalen Verhaltens beschränkt.

Chomskys Argumentation geht, verkürzt, folgendermaßen: Muttersprachler wissen viele Dinge über die Syntax ihrer Sprache, die sie nicht durch Beobachtung erschlossen haben können und die man ihnen nicht explizit beigebracht hat. Daher muss dieses Wissen angeboren sein.

Cook und Newson (1996) bemerken hierzu in aller Unschuld, dass man vor Darwin die Adaptivität der Organismen auf dieselbe Weise mit der Existenz eines Schöpfers erklärt habe (und bringen so unfreiwillig die Sache auf den Punkt).

All die Argumente, die für eine angeborene Grammatik ins Feld geführt werden, erinnern uns lediglich daran, dass Sprache unglaublich nützlich ist. Sie rechtfertigen nicht Chomskys Grammatik und sie erklären nicht, warum jemand einen Nachteil im Kampf ums Überleben hätte, wenn er sich nicht an bestimmte Regeln dieser Grammatik hielte.

Die Annahme, dass Muttersprachler die verschiedenen Regeln ihrer Sprache kennen, ist im banalen Sinne nicht wahr – die wenigsten können eine grammatikalische Regel benennen. Doch wir können in der Tat feststellen, dass das meiste verbale Verhalten der meisten Menschen durch die Regeln der von Linguisten erstellten Grammatiken beschrieben werden kann. Aber diese Regeln sind von Linguisten aufgrund der Beobachtung des verbalen Verhaltens von Menschen erstellt worden. Dass jemand ein Verhalten modellieren kann, bedeutet nicht, dass das Individuum, welches dieses Verhalten zeigt, das Modell kennt. Die Taube auf einem Verstärkungsplan weiß nichts vom matching law und beim Fliegen weiß sie nichts von der Aerodynamik. Doch Chomsky meint, dass Grammatik nicht nur ein Modell der Sprache ist, er meint, dass Grammatik etwas ist, dass der Sprecher „weiß“.

Palmer (2000, ursprünglich 1981) kritisiert Noam Chomskys These, dass Grammatik (in einem bestimmten Sinne) angeboren sei. Diese Position hat unter Linguisten und Laien mit Interesse an der Materie große Popularität erfahren, denn Chomsky versteht es, gekonnt – zum Teil polemisch – und überzeugend zu argumentieren. Chomsky behauptet, mit seinem Ansatz bei der Erklärung des Spracherwerbs erfolgreich zu sein. Erfolg, so Palmer, verdient unsere Aufmerksamkeit, egal vor welchem theoretischen Hintergrund er zustande kommt.

Im wesentlichen geht es um Chomskys Annahme, dass das Gehirn des Neugeborenen in irgend einer Weise darauf vorbereitet sein muss, aus dem sprachlichen Material, das ihm geboten wird, Regeln zu extrahieren. Palmer kritisiert diese Annahme aus zwei Gründen: Zum einen sei es eine Überforderung der biologischen Evolution, anzunehmen, sie habe einen derartigen Mechanismus hervorbringen können. Zum andern muss dieser angeborene Mechanismus im Gehirn auf Reize reagieren, wirkliche Ereignisse in der physikalischen Welt. Jedoch scheint Chomsky nicht in der Lage zu sein, diese Ereignisse zu benennen. Zuletzt weist Palmer Chomskys spitzfindige Argumente gegen eine verhaltenswissenschaftliche Analyse der Sprache zurück, denn Chomsky verwechselt die Eigenschaften seines formellen Systems mit den Eigenschaften menschlicher Wesen: Die Feststellung, dass Sprache aus einer unendlichen Anzahl von Sätzen besteht, muss verworfen werden, wenn man aus der dünnen Luft formaler Analysen in die in die Welt von Umweltereignissen und Verhalten tritt.

Chomsky nimmt einer universelle Grammatik an, die gewissermaßen den vielgestaltigen Grammatiken der realen Welt übergeordnet ist bzw. zugrunde liegt. Er interessiert sich für die „essentielle Natur“ menschlicher Wesen und diese Grammatik soll also genetisch codiert sein. Jedoch ist der Nachweis des Beitrages der Genetik zum menschlichen Verhalten aus vielerlei Gründen sehr schwierig. So ist es z.B. unmöglich, diesen Nachweis experimentell zu erbringen – und im Falle der Sprache ist auch der Umweg über das Experiment am Tier (z.B. Zuchtexperimente oder Experimente, bei denen Tiere isoliert von Artgenossen aufwachsen) ausgeschlossen, denn Tiere zeigen keine dem Menschen vergleichbare Sprache.

Chomsky meint mit der „angeborenen Grammatik“ tatsächlich eine Grammatik im traditionellen Sinne, eine Sammlung von Regeln. Er benutzt häufig alltagssprachliche mentalistische Begriffe wie „Absicht“, „Glaube“, „Wille“ und „Geist“, ohne diese zu definieren. Deswegen bleibt seine Darstellung abstrakt und metaphorisch. Offenkundig, so Palmer, wartet Chomsky auf den Tag, an dem jemand kommt und seine Begriffe operationalisiert, ohne zugleich sein formales System, das er auf diesem terminologischen Treibsand errichtet hat, einstürzen zu lassen.

Chomskys Analyseeinheit ist der Satz und seine Daten sind seine Urteile – und die von ihm unterstellten Urteile anderer – darüber, welche Sätze „wohlgeformt“ seien und welche nicht. Sätze aber sind ein Begriff aus einem formalen System, nicht Einheiten der natürlichen Sprache. Wenn das verbale Verhalten eines Menschen und seine Urteile über verbale Äußerungen (ob diese „wohlgeformt“ oder nicht sind) eine Funktion der speziellen Erfahrungen sind, die diese Individuum in einer speziellen Umwelt gemacht hat, dann werden uns Überlegungen über einen idealen Sprecher in einer hypothetischen Gemeinschaft nicht weiterhelfen. Sobald er mit ungeordneten Daten konfrontiert wird, zieht sich Chomsky in eine hypothetische Welt zurück, in der Ordnung erscheint. Es ist nicht überraschend, dass noch nie jemand einen alternativen Ansatz zu Chomsky vorgeschlagen hat, denn diese Welt ist eine, die Chomsky selbst entworfen hat.

Die genetische Ausstattung ist oft eine bequeme Quelle für „Erklärungen“, wenn wir es mit einem Verhaltensphänomen zu tun haben, das wir nicht verstehen. Die Evolution hilft Chomsky nicht, wenn er seine angeborene Grammatik zu rechtfertigen sucht. Wenn eine Regel dieser Grammatik eine willkürlich Beschränkung ohne Konsequenzen in der ontogenetischen Umwelt ist und daher nicht durch kommunikative Kontingenzen erzeugt worden sein kann (wie Chomsky selbst schreibt, 1980, S. 41), dann kann sie auch keinen Selektionsvorteil für den Organismus darstellen, der in dieser Umwelt lebt. Wohlgemerkt: Die Fähigkeit zur Sprache als solche stellt sehr wohl einen Selektionsvorteil dar, nicht aber die Regeln einer universellen Grammatik. Also können sie auch nicht im Laufe der Stammesgeschichte erworben worden sein, denn sie würden ihrem Träger keinen adaptiven Nutzen bringen. Chomsky scheint darüber hinaus das Evolutionsprinzip nicht so recht zu begreifen, wenn er diesem Einwand entgegnet, die Stammesgesichte habe aber sehr viel Zeit gehabt, diese Regeln in das Erbgut zu schreiben: Wenn sie keinen Vorteil bringen, dann werden sie nicht ins Erbgut übernommen, egal wie viel Zeit vergeht. Chomsky sieht zuletzt noch einen Ausweg in „Zufallsmutationen“ oder in „physikalischen Gesetzen, die wir jetzt noch nicht kennen“ (1969, S. 262), um seine These von der genetisch verankerten Grammatik zu retten.

Zwar ist es zutreffend, dass nicht alles, was in den Genen codiert ist, von adaptivem Wert sein muss – Haar- und Augenfarbe sind hier Beispiele – jedoch sind diese Merkmale auch nicht universell. Die Erklärung, dass Sprache ein zufälliges Nebenprodukt anderen, früherworbenen Verhaltens ist, erscheint ebenso plausibel. Menschen verfügen über die nötige organische Ausstattung, um zu sprechen, ihr Verhalten ist besonders formbar durch soziale Verstärkung und einiges mehr. Diese Unterschiede sind quantitative, nicht qualitative. Sie können leicht durch die Mechanismen von Variation und Selektion entstanden sein und sie allein genügen, um das verbale Verhalten von Menschen zu erklären.

Wenn Chomsky behauptet, dass Sprache genetisch determiniert ist, dann muss er angeben können, welche Umweltereignisse dieses angeborene Verhalten auslösen oder steuern. Aber offenkundig gibt es keine physikalischen Merkmale, die erkennen lassen, ob ein Wort beispielsweise ein Verb oder ein Substantiv ist. Chomsky „löst“ das Problem dadurch, dass er es zu einem prinzipiell nicht-lösbaren erklärt.

Chomsky setzt den Satz als Analyseeinheit als evident voraus. Sätze aber sind formale Einheiten, keine des Verhaltens. Wenn die Analyseeinheiten a priori definiert werden, dann haben sie möglicherweise nur wenig mit dem zu tun, was in der Realität tatsächlich geschieht. Chomsky betont immer wieder, dass die Grammatik eine unendliche Anzahl an Sätzen hervorbringen kann. Er folgert daraus, dass auch Menschen eine unendliche Zahl an Sätzen hervorbringen und verstehen können. Selbstredend ist das keine empirische Tatsache. Palmer (2000) zieht folgenden Vergleich: Bekanntlich vollführen Bienen nach ihrer Heimkehr von der erfolgreichen Futtersuche zum Stock einen Tanz, durch den sie anderen Bienen die Richtung und Entfernung der Futterquelle mitteilen. Die Kreise, die die Bienen dabei vollführen, können prinzipiell unendlich viele verschiedene Durchmesser haben. Zweifelsohne haben noch nie zwei Bienen exakt denselben Tanz vollführt. Trotzdem ist diese Variabilität irrelevant, sofern sie nicht in einer Beziehung zur Position der Futterquelle steht. Denn natürlich kann keine Biene eine unendliche Zahl an Tanz-Mustern unterscheiden, weder als Tänzerin, noch als Zuschauerin. Obwohl nun also eine abstrakte Beschreibung der Bienensprache eine unendliche Zahl an möglichen „Sätzen“ zutage fördern könnte, so ist es doch wahrscheinlich, dass Bienen nicht mehr als cirka hundert Muster wirklich unterscheiden (indem sich ihr Verhalten in Reaktion darauf unterscheidet). Festzustellen, dass Bienen die „Kompetenz“ besitzen, eine unendliche Zahl an Mustern zu interpretieren, bedeutet, eine Eigenschaft unseres formalen Systems der Bienensprache mit einer Eigenschaft des Organismus zu vermengen.

Naom Chomsky im Interview mit Javier Virues-Ortega (2006)

Chomskys (1959) Besprechung ist beinahe ebenso berühmt wie Verbal Behavior selbst. Leahey (1987) erklärte, Chomskys Besprechung sei die einflussreichste Einzelarbeit in der Psychologiegeschichte seit Watsons (1913) Psychology as the behaviorist views it. Knapp (1992) berichtet, zwischen 1972 und 1990 sei auf zwei Zitationen von Verbal Behavior eine von Chomskys Besprechung gekommen – ein wohl einzigartiges Verhältnis zwischen einem Buch und seiner Rezension (S. 87). Laut Marc Richell (nach Virues-Ortega, 2006, S. 243) spiegelt dies wohl den Umstand wieder, dass sich die meisten Wissenschaftler mit Informationen aus zweiter Hand zufrieden geben.

Für Nicht-Behavioristen stellt Chomskys Besprechung (1959) einen Meilenstein in der Geschichte der Psychologie dar. Die Besprechung zeige, so Fodor und Katz (1964, S. 564), dass sprachliches Verhalten nicht durch Skinners funktionale Analyse erklärt werden könne. Nach Smith (1999) ist Chomskys Besprechung die wohl vernichtendste, die je über ein Buch geschrieben wurde, es handle sich hier um die Totenglocke das Behaviorismus (S. 97). Darüber hinaus wird das Buch als einer der grundlegenden Texte des Kognitivismus betrachtet (ebd.).

Skinner selbst betrachtete die Besprechung als schwer zu beantworten. Chomskys Ton sei emotional und der Inhalt lasse grundlegende Kenntnisse der Verhaltensanalyse vermissen: „Chomsky versteht einfach nicht, worüber ich rede und ich sehe keinen Sinn darin, ihm zuzuhören“ (Skinner im Gespräch mit Andresen, 1991, S. 57, Übersetzung CB).

Javier Virues-Ortega (2006) stand über zwei Jahre hinweg mit Chomsky in Kontakt. Ein am 23. März 2004 geführtes Interview mit ihm wurde in der Zeitschrift der Association for Behavior Analysis, The Behavior Analyst mit dem Einverständnis Chomskys abgedruckt.

Chomsky erläutert hier zunächst, was ihn am Behaviorismus missfiel. Er fände schon das ganze Vorhaben, Verhalten zum Gegenstand einer Wissenschaft machen zu wollen, fragwürdig. Das Verhalten sei das Datenmaterial, mit dem man sich auseinandersetze. Verhalten könne nicht der Gegenstand sein; der Gegenstand, den man untersuche, sei die Kompetenz oder die Kapazität, Verhalten zu zeigen. Verhalten zum Gegenstand der Psychologie zu machen sei, als ob man die Physik als die Wissenschaft vom Ablesen der Messgeräte definiere.

Chomsky schildert weiter den konkreten Anlass, wie es zu Abfassung der Besprechung kam. Skinner und Skinners Texte hätten in den fünfziger Jahren die Orthodoxie repräsentiert. Verbal Behavior war einer jener heiligen Texte, die zu dieser Zeit jeder gelesen hätte. Außer ihm (Chomsky) habe es nur sehr wenige Menschen gegeben, die gespürt hätten, dass mit all dem etwas nicht in Ordnung ist. Noch vor Abfassung von Verbal Behavior wären die Mitschriften der William-James-Vorlesung Skinners von Hand zu Hand gereicht worden. Auf diese habe er sich auch bezogen, als er die Besprechung geschrieben habe: „I actually wrote the review before the book was published“ (S. 246).

Chomskys Besprechung war nun nicht die erste und auch nicht die einzige, die über Verbal Behavior geschrieben worden war. Der Grund, warum sie so erfolgreich war, lag laut Chomsky im guten Timing. Die Linguistik begann zu dieser Zeit zu erkennen, dass Sprache einfach nicht so funktionieren könnte wie Skinner das beschrieb. Es habe damals ein „interaktives Amalgam“ gegeben, in das sehr wenige Leute (außer ihm) einbezogen gewesen seien. Hinzu sei gekommen, dass sich die Befunde dafür, dass der Behaviorismus zu Erklärung des Verhaltens nicht tauglich sei, damals gehäuft hätten. Die Brelands hätten dann ja 1961 gezeigt, dass er nicht mal bei Tieren funktioniere. Die Brelands, so Chomsky, hätten bemerkt, dass ihre Versuche, Tiere zu konditionieren, früher oder später scheiterten, weil die Tiere wieder in ihr instinktives Verhalten zurückgefallen seien. Nicht mal bei Tauben (Skinners Haupt-Versuchstieren) funktioniere es so, wie Skinner das behauptet habe. Der Behaviorismus sei eben genau zu diesem Zeitpunkt kollabiert und die kognitive Psychologie habe das Feld übernommen.

[Chomskys Darstellung der Arbeiten der Brelands weicht übrigens ganz erheblich von dem ab, was diese geschrieben haben. – Auch die Abfolge der Ereignisse im Rahmen der sog. kognitiven Wende ist etwas verzerrt. Viele Indikatoren zeigen an, dass die Verhaltensanalyse nach wie vor ein wachsendes, lebendiges Forschungsprogramm ist. Ein schneller Wechsel der Paradigmen hat schlicht nicht stattgefunden.]

Auf die Frage, welchen Effekt seine Arbeit auf die Verbreitung der kognitiven Psychologie hatte, entgegnet Chomsky, es sei nun wirklich nicht an ihm, diese Frage zu beantworten. Auch andere (z.B. die Brelands) hätten Anteil an diesem Wechsel gehabt.

MacCorquodale (1970) und andere haben einige Mängel in Chomskys Besprechung aufgezeigt, so unter anderem:

  • Chomsky unterstellt Skinner, die Wirkungsweise der Verstärkung über die Reduktion der Triebenergie zu erklären – was nicht der Fall ist. Chomsky verwendet volle 6 Seiten auf eine Kritik der Triebreduktionstheorie (die schon Jahrzehnte vor Verbal Behavior weder von Skinner noch von irgendeinem anderen Behavioristen vertreten wurde).
  • Die „Stärke“ einer Reaktion werde, so Chomsky, von Skinner über den Widerstand gegen die Extinktion definiert (eine Reaktion sei also um so stärker, je schwieriger es sei, sie zu extingieren). Dies ist definitiv nicht Skinners Position, Reaktionsstärke ist für ihn die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Reaktion.
  • Skinner behandle in seinem Buch nicht die Grammatik (d. h. die Frage, wie es dazu kommen kann, dass Äußerungen eines Sprechers den Regeln der Grammatik gehorchen). Auch dies ist definitiv nicht so: Skinner widmet diesem Thema viele Seiten seines Buches.

Virues-Ortega (2006) bittet Chomsky, zu diesen Punkten Stellung zu nehmen, erfährt von diesem aber nur, er habe bereits vor 30 Jahren ausführlich darauf geantwortet. Natürlich sei ihm klar gewesen, dass die Triebreduktionstheorie von Skinner nicht vertreten werde. Er habe aber mit seiner Besprechung weit über Skinner hinaus gehen wollen und den Behaviorismus als Ganzes kritisieren wollen. [Anmerkung.: Welcher andere Behaviorist hat dann noch 1959 die Triebreduktionstheorie vertreten?]. Sein Standpunkt sei nach wie vor: Wenn man Skinner wörtlich nehme, liege er offenkundig falsch. Wenn man seine Äußerungen aber als Metaphern auffasse, dann seien sie nur eine schlechte Übersetzung der normalen mentalistischen Terminologie in eine Terminologie, die man aus dem Labor herausgenommen habe und ihrer Bedeutung beraubt habe.

Einige Hunderte sauber durchgeführte Studien sind seit Verbal Behavior auf Grundlage der dort verwendeten Prinzipien durchgeführt worden. Viele empirische Befunde und angewandte Methoden, die aus den in Verbal Behavior dargelegten Konzepten abgeleitet wurden, haben gezeigt, dass diese einen Nutzen außerhalb des Labors haben, z. B. Verfahren zur Behandlung von Sprechstörungen und Sprachlehrmethoden im allgemeinen (z. B. Goldstein, 2002). Virues-Ortega fragt Chomsky, ob er nicht meine, dass die Anwendung der Verhaltensanalyse auf den Bereich der menschlichen Sprache zumindest manchmal nützlich sein könne.

Natürlich, so Chomsky, könne Verhaltensanalyse nützlich sein. So diene die Verhaltensanalyse z. B. dazu, den Effekt von Medikamenten auf das Verhalten von Menschen und Tieren zu untersuchen [ein anderes Beispiel kann Chomsky auch an anderer Stelle nicht nennen]. Aber darum sei es ja ursprünglich nie gegangen. Es gäbe genau Null („precisely zero“, S. 248) Nutzen in den Bereichen, die die Verhaltensanalyse ursprünglich angepeilt habe.

Ob die Verhaltensanalyse und die Analyse der Sprache nach Chomsky nicht voneinander profitieren könnten, fragt Virues-Ortega. Er könne sich nicht vorstellen, wie das gehen solle, so Chomsky. Er wisse von keinem Forschungsprogramm auf der Basis von Verbal Behavior. Das einzige, was von Skinners Arbeit übrigbleibe, seien einige rechte nützliche experimentelle Techniken. Deswegen schlössen sich eine formale und eine funktionale Analyse der Sprache nicht gegenseitig aus, das werde durchaus praktiziert, z. B. von ihm selbst.

Chomsky (1959) räumt ein, dass die Untersuchung von Konditionierungsprozessen insbesondere bei Tieren durchaus ihre Berechtigung habe. Die Übertragung auf den Bereich menschlichen, insbesondere sprachlichen Verhaltens sei aber nicht angemessen. Die dort verwendeten Konzepte seien „leer“ und nutzlos. Hängt also, so Virues-Ortega, die Gültigkeit dieser Konzepte von der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes ab (schon MacCorquodale hat 1970 bemerkt, dass Chomsky offenbar davon ausgeht, dass außerhalb des Labors andere Naturgesetze gelten als innerhalb)?

Chomsky betont nun wieder, dass die Verhaltensanalyse ja z. B. auch in der pharmazeutischen Industrie ihre Anwendung gefunden habe und dass ihre Techniken durchaus auch gelegentlich in der „ernsthaften“ („serious“, S. 249) experimentellen Psychologie verwendet werden. Aber die Verhaltensanalyse sage wenig darüber aus, wie sich tierisches Verhalten entwickle oder wie es ausgeführt werde. Ob überhaupt so etwas wie Konditionierung existiere, werde ja auch immer wieder in Frage gestellt, z. B. von dem kognitiven Neuropsychologen Randy Gallistel (Gallistel & Gibbon, 2002) [Anmerkung.: Gallistel bezieht sich jedoch fast ausschließlich auf das klassische Konditionieren].

Zuletzt konfrontiert Virues-Ortega Chomskys mit den Einschätzung Skinners und anderer Verhaltensanalytiker bezüglich des Tonfalls seiner Besprechung. Skinner selbst fragte sich angesichts von Chomskys (1971) Besprechung von Skinners (1971) Beyond Freedom and Dignity, warum dieser wohl so wütend auf ihn sei. In der Besprechung von Verbal Behavior verwendet Chomsky viele Begriffe, die von Verhaltensanalytikern als herabsetzend oder aggressiv eingestuft wurden („Hebeldrückexperimente“, „perfekt nutzlos“, „Tautologie“, „sagt nichts von Bedeutung“, „Als-ob-Wissenschaft“ – „play-acting at science“ usw., alle Zitate aus Chomsky, 1959, S. 36-39).

Chomsky erwidert, er habe nachgeschaut, in welchem Kontext einige der oben genannten Wendungen vorgekommen seien. Es habe sich jedes Mal um eine vollkommen wertfreie Feststellung gehandelt. Dass die Definition von Verstärkung eine Tautologie sei, werde ja immer wieder von anderen als ihm festgestellt. Er könne also nicht erkennen, was da „wütend“ oder „aggressiv“ wirke. Er dagegen finde die Reaktionen auf seine Besprechung als nachgerade beleidigend („offensive“, S. 250). Die Kommentatoren sollten also gewissermaßen erst mal vor ihrer eigenen Türe kehren.

David Palmers Analyse des Interviews

Palmer (2006) sieht durch das Interview (Virues-Ortega, 2006) bestätigt, dass Chomsky Skinners Ansatz zur Erklärung sprachlichen Verhaltens noch immer völlig verständnislos gegenübersteht und dass er nach wie vor äußerst stereotype Ansichten über dessen konzeptuelle und empirische Grundlagen hegt.

Zunächst berichtet Palmer einige Hintergründe zur Entstehungsgeschichte von Verbal Behavior, die Chomskys Ausführungen im Interview illustrieren. Der Impuls für Verbal Behavior ging 1934 von einer Unterhaltung Skinners mit dem Philosophieprofessor Alfred North Whitehead bei einem Dinner in Harvard aus. Skinner legte seine Ansichten dar, bis Whithead ihn aufforderte, doch sein sprachliches Verhalten zu erklären, wenn er jetzt gleich „No black scorpion is falling upon this table“ („Kein schwarzer Skorpion fällt jetzt auf diesen Tisch“) sagen werde. Skinner begann noch in der Nacht nach dem Gespräch mit Whitehead die Arbeit an einer verhaltenswissenschaftlichen Interpretation der Sprache. Er widmete einen Großteil des Jahres 1944 diesem Projekt und fasste seine Erkenntnisse 1947 in der William James Vorlesungsreihe an der Universität Harvard zusammen. Kopien des Vorlesungsskripts kursierten bald unter den Studierenden, was nicht nur Chomsky (im Gespräch mit Virues-Ortega, 2006), sondern auch Osgood (1958) bestätigt. Während eines Forschungsfreisemesters 1955, das Skinner in Putney im US-Bundesstaat Vermont verbrachte, verfasste er den Rohtext von Verbal Behavior.

Skinner (1957) betont gleich auf den ersten Seiten von Verbal Behavior, es handle sich hier nicht um eine experimentelle Analyse sondern vielmehr um eines Interpretation von alltäglichen Fakten. Dabei beruht diese Interpretation auf gut kontrollierten Laborexperimenten. Skinner bezieht sich nicht auf traditionelle strukturelle Formulierungen und steht weit jenseits der üblichen Spekulationen in der Psychologie und der Linguistik. Die konzeptuellen Grundlagen des Buches sind gänzlich bereits in The Behavior of Organisms (1938) und in Science and Human Behavior (1953) zu finden.

Die ersten Besprechungen des Buches waren zum Teil positiv, zum Teil gemischt, immer aber respektvoll (siehe Knapp, 1992, für eine Zusammenfassung). Chomskys (1959) Besprechung dagegen war 33 Seiten lang und in einem aggressiven, debattenartigen Stil verfasst, wie er unter Linguisten und Philosophen gelegentlich üblich ist. Chomsky schickte Skinner einen Entwurf seiner Besprechung, der sie aber nach kurzer Lektüre, angewidert von ihrem polemischen Stil, beiseite legte (Skinner, 1972, S. 345-346).

Chomskys (1959) zentraler Punkt ist folgender: Wenn man Skinners Analyse wörtlich nimmt, dann ist sie offenkundig falsch. Wenn man sie im übertragenen Sinne auffasst, dann ist sie nicht mehr als eine alltägliche Betrachtung, die in die Sprache des Labors gefasst ist. „This creates the illusion of a rigorous scientific theory with very broad scope, although in fact the terms used in the description of real-life and laboratory behavior may be mere homonyms“ (S. 31). Chomsky argumentiert, dass Begriffe wie „Stimulus“, „Wahrscheinlichkeit“ und „Stimuluskontrolle“ unangemessen sind, wenn sie auf menschliches Verhalten übertragen werden. Er illustriert dies an vielen Beispielen. Der Begriff „Reaktionsstärke“ etwa sei eine Umschreibung für weniger eindrucksvolle Ausdrücke wie „Interesse“, „Absicht“, „Glaube“ usw. Skinner sage etwa über den Vorgang, wie eine wissenschaftliche Aussage betätigt werde aus, dass dabei zusätzliche Variablen generiert werden, die die Wahrscheinlichkeit der Aussage erhöhen („generating additional variables to increase its probability“, S. 425). Wenn man diese Definition, so Chomsky (S. 34), wörtlich nehme, dann könne man den Grad der Bestätigung einer wissenschaftlichen Aussage daran ablesen, wie laut, schrill oder häufig diese geäußert werde.

Gerade hier sieht man, wie sehr Chomsky Skinner absichtlich missverstand, um in der Debatte einen Punkt zu machen. Skinner überließ es oft dem Leser, sich die offenkundigen Beispiele selbst dazu zu denken. Die Überzeugungskraft von Chomskys Besprechung beruht zum Teil darauf, dass er sich nicht auf diese Aufgabe einlässt. Wann immer Skinners Text eine absurde Interpretation zuließ, stürzte sich Chomsky darauf. Es scheint, dass sich Chomsky auf die naheliegende Annahme stützte, dass kaum ein Leser die Mühe auf sich nehmen würde, die Zitate im Buch selbst im Kontext nachzulesen. Im obigen Bespiel zeigt die genaue Lektüre, dass Skinners Position gegenüber Chomskys Witzelei vollkommen immun ist. Nach Skinner hängt der Grad, zu dem ein Ereignis eine Äußerung „bestätigt“, zur Gänze von der Lerngeschichte des Individuums in Hinsicht auf die zusätzlichen kontrollierenden Variablen ab, von all dem, was diese ausmacht, von ihrer Art, von der Zuverlässigkeit des Sprechers usw. Ein Tact ist hier zum Beispiel wichtiger als ein Echoic. Zudem würde der Leser entdecken, dass die von Chomsky zitierte Passage in eine ausführliche Diskussion der pragmatischen Natur der wissenschaftlichen Wahrheit eingebettet ist, die alles andere eine bloße Umschreibung alltäglicher Weisheiten ist.

Wiest (1967) entgegnete auf Chomskys (1959) Besprechung, dass man Skinner wohl kaum zum Vorwurf machen kann, dass er es verabsäumte, die Konstrukte einer konkurrierenden Theorie zu beachten. Katahan und Koplin (1968) bezogen sich auf Kuhn (1962) und entgegneten, dass Wiest seine Zeit vergeude, denn der Konflikt zwischen dem Behaviorismus und seinen Kritikern sei ein paradigmatischer und dieser könne nicht durch einen Disput entschieden werden – nur die Zeit könne die Frage klären.

Kenneth Mac Corquodale (1970) schrieb eine ausführliche Entgegnung zu Chomskys Besprechung (vgl. oben) und reichte diese bei Language ein (der Zeitschrift, in der Chomskys Besprechung erschienen war). Aus nicht bekannten Gründen wurde das Manuskript dort abgewiesen, was angesichts der Bedeutung, die Chomsyks Besprechung hat, doch schon sehr erstaunt (und MacCorquodale ist kein Niemand, sondern einer der bedeutendsten Behavioristen). MacCorquodale veröffentlichte dann im Journal of the Experimental Analysis of Behavior. Palmer (2006) vermutet hierin einen der Gründe, warum so wenige Nicht-Behavioristen die Argumente gegen Chomsyks Besprechung wahrgenommen haben. MacCorquodale fasst Chomskys Besprechung so zusammen, dass diese sich auf drei Hauptargumente reduzieren lässt:

  1. Skinner Buch ist nicht mehr als eine ungetestete Hypothese
    Nach MacCorquodale setzt dieses Argument voraus, dass in der „wirklichen Welt“ (der menschlichen Sprache) andere Naturgesetze gelten als im Labor (was eine fürwahr wenig sparsame Grundannahme ist).
  2. Skinners technisches Vokabular ist lediglich eines Umschreibung traditioneller Begriffe
    Dem hält MacCorquodale entgegen, dass Skinners Begriff bei weitem sauberer definiert sind, als die diffusen Konzepte der Vernacular.
  3. Sprache ist ein komplexes Phänomen und es bedarf daher einer komplexen, neurologisch-genetischen Theorie, um sie zu erklären
    Wie interessant die zugrundeliegenden Prozesse auch sein mögen, eine Verhaltenswissenschaft ist nicht auf sie angewiesen, um Verhalten erklären zu können.

Zudem ignoriert oder missversteht Chomsky die Komplexität von Skinners Analyse. Chomsyk scheint zu glauben, dass wann immer Skinner eine kontrollierende Variabel nennt, er meint, damit die einzig verantwortliche Variable gefunden zu haben – so als sei Sprache nur eine Sammlung von Reflexen. Die multiple Verursachung von Sprechakten zieht sich jedoch als Thema durch das ganze Buch. In der Besprechung wird sie kein einziges Mal erwähnt.

Es gibt in der Tat auch informierte und faire Kritik an Teilen von Skinners Buch. So haben Hayes, Barnes-Holmes und Roche (2001), Stemmer (2004) und Tonneau (2001) eine Reihe an Problemen mit Skinners Theorie aufgelistet, die von trivialen zu fundamentalen Kritikpunkten reicht. Immer aber waren diese Kritiken mit einem Vorschlag zu einer verhaltensanalytisch basierten Verbesserung verbunden. Es ist somit unwahrscheinlich, dass ihre Vorschläge Chomsky zufrieden stellen würden.

Chomsky (1973) antwortete auf die Kritik MacCorquodales (1970) nur indirekt, in einer Fußnote (S. 24). Er erwidert aber praktisch gar nicht inhaltlich, sondern wiederholt lediglich sein bereits 1959 vorgebrachtes Argument: Wenn man Skinner wörtlich nehme… usw.

David Palmer (2006) erwiderte auf die zentrale Aussage Chomskys, dass man dieselbe Argumentation auch gegen Newtons Mechanik anwenden könnte: Wenn man Newtons Gesetze der Bewegung wörtlich nehme, dann seien sie (im Alltag) offenkundig falsch. Wenn man sie im übertragenen Sinne auffasse, dann seien sie nicht mehr als wissenschaftlich klingende Umschreibungen der Daumenregeln des Handwerkers. Skinner aber habe nicht beabsichtigt, dass man seine Analyse als Metapher auffasse. Er machte die starke Voraussage, dass die Prinzipien des Verhaltens, die im Labor entdeckt wurden im technischen Sinne auf die Interpretation sprachlichen Verhaltens angewandt werden können. Wenn Chomsky meine, leicht Beispiele aufzeigen zu können, die belegten, dass Sprache nicht so funktioniere, wie von Skinner beschrieben, dann vernachlässige er, dass die Realität immer komplex ist und Übertragungen von Laborergebnissen immer etwas spekulativ sind: Schon Newton klagte, dass er verzweifle, wenn er darüber nachdenke, wie der die Bewegung von nur drei Körpern (Erde, Sonne, Mond) bestimmen solle. Wie viel komplexer aber ist der Bereich menschlichen Verhaltens.

Spätestens seit 1970 wurde Chomskys Besprechung von Verbal Behavior zu einem Meilenstein der kognitiven Psychologie und Psycholinguistik. Kaum ein Lehrbuch der kognitiven Psychologie erwähnt sie nicht. Wann immer die Besprechung erwähnt wird, dann in der Regel so, als würde eine klassische Arbeit genannt – die Gültigkeit der Argumente Chomskys scheint für die Autoren außer Frage zu stehen. Bruner (1983) bezeichnete Chomsyks Besprechung als „elektrisierend: Noam in Höchstform, gnadenlos bringt er sein Opfer zur Strecke, brillant, Seit‘ an Seite mit den Engeln… in der selben Kategorie wie St. Georg, der den Drachen schlägt“ (S. 159-160, Übersetzung CB). Solche Äußerungen sind in der kognitiven Literatur weit verbreitet; nie aber findet man ein Anzeichen dafür, dass der Autor auch nur eine Zeile von Skinners Buch oder MacCorquodales Text gelesen hat (so Palmer, 2006, S. 259). Darüber hinaus ist die Behauptung, dass verhaltensanalytische Interpretationen von komplexen Vorgängen unangemessen sind, so etwas wie ein Axiom in den kognitiven Wissenschaften – und die Besprechung wird als ausreichender Beleg dafür angesehen.

Interessanterweise stoßen kognitive Forscher immer wieder auf Ergebnisse, die die Wirksamkeit der verhaltensanalytischen Prinzipien nahe legen (Dale, 2004). Statt nun aber diese Prinzipien zu vereinnahmen, schneidet sich die kognitive Psychologie davon ab. Richelle (1993) bemerkt hierzu, dass nur wenige Spezialisten bereit sind, das Risiko auf sich zu nehmen, in den Augen ihrer Kollegen in die Nähe von Skinner gerückt zu werden, wenn sie auch nur vermuten könnten, dass Skinner einige Entwicklungen der Psycholinguistik vorweggenommen hat. Chomskys Besprechung ist zumindest zum Teil dafür verantwortlich, dass die Verhaltensgesetze in den Theorien der Linguisten und Kognitivisten ausgeblendet werden. Die Besprechung war also sehr einflussreich: Ob der Einfluss der Psycholinguistik zum Vor- oder Nachteil gereicht, bleibt abzuwarten.

Man muss Chomsky zugute halten, dass er einer Diskussion mit Verhaltensanalytikern nie abgeneigt war. Der verhaltensanalytische Philosoph Ullin Place führte über 1993 eine Debatte mit Chomsky, die in The Analysis of Verbal Behavior veröffentlich wurde (Chomsky, Place & Schoneberger, 2000). Hier wie auch im Interview mit Virues-Ortega (2006) scheint Chomsky das Gefühl zu haben, aus einer Position der Stärke heraus argumentieren zu können. Palmer (2006) bemerkt einige Punkte zu Chomskys Interview von 2006:

Chomsky bestreitet, dass Verhalten ein Gegenstand der wissenschaftlichen Untersuchung sein kann. Es gehe immer um die zugrundeliegenden Prozesse, für die das Verhalten nur ein Indikator ist. Skinner widmete sich aber diesen „zugrundeliegenden Prozessen“ über weite Strecken seiner Karriere (vgl. Morris, Lazo & Smith, 2004). Chomsky scheint damit jedoch in keiner Weise vertraut zu sein und offenbart durch diese Aussage mehr über sich als über Skinner.

Chomsky weigert sich 2006 auch nur den geringsten Fehler einzugestehen, auch wenn er mit offenkundigen Fehlern seiner Besprechung konfrontiert wird. Zum Beispiel widmete er sechs Seiten der Besprechung einer Widerlegung der Triebreduktionstheorie der Verstärkung – der weder Skinner noch ein anderer Behaviorist seiner Zeit je anhing. Virues-Ortega hält Chomsky noch zwei weitere Beispiele vor, bei denen Chomsky Skinner Positionen unterstellt, die dieser nie vertreten hat. Man könnte nun erwarten, dass Chomsky diese Fehler zwar einräumt, aber bspw. als unbedeutend abtut. Doch nein: Chomsky übergeht diese Punkte einfach: „Natürlich habe ich die Triebreduktionstheorie diskutiert, aber ich habe sie nicht auf Skinner bezogen“ (Virues-Ortega, 2006, S. 247, Übersetzung CB). Wieso „natürlich“? Wessen Triebreduktionstheorie diskutierte Chomsky dann? Und welche Bedeutung könnte das für Skinners Verbal Behavior haben? – Chomsky beantwortet diese Fragen so: Er habe weit über Skinner hinaus gehen wollen, um quasi den Behaviorismus in toto zu besprechen. Man fragt sich jedoch unwillkürlich, ob dies nicht einfach eine post-hoc Interpretation ist, durch die Chomsky vermeidet, seine Schlamperei einzugestehen. Denn merkwürdigerweise dreht sich die Besprechung nur um Skinner. Chomsky schreibt darin kein einziges Mal, dass er „eigentlich“ den „ganzen Behaviorismus“ kritisieren wolle. Selbst wenn man hierüber großzügig hinweg geht: Kein damals (1957) lebender Behaviorist vertrat je die Triebreduktionstheorie. Skinners Position ist nicht eine Unterabteilung eines „allgemeinen Behaviorismus“. Einige Teile der Besprechung wären, wenn man Chomsky glauben soll, somit gegen Skinner, einige gegen einen nicht-spezifizierten (durch keine Person verkörperten) „allgemeinen Behaviorismus“ gerichtet. Nur wird der Leser nicht darin eingeweiht, wann Chomsky über was schreibt. Wenn die Besprechung also ohne Fehler sein soll, dann muss sie ein zusammenhangloses Gemenge sein.

Chomsky bestreitet, dass die Besprechung in einem scharfen Ton geschrieben sei. Man sollte Chomsky zugestehen, dass Linguisten in ihren Debatten oft einen sehr polemischen Stil pflegen. Gemessen daran ist Chomskys Stil in der Besprechung von Verbal Behavior höflich und zurückhaltend. Doch Chomsky scheint das Gespür dafür zu fehlen, wie Außenstehende seine Formulierungen wahrnehmen (z.B. Czubaroff, 1988, S. 324). Der Ton, den Chomsky anschlägt, lässt sein Gegenüber auf keine fruchtbringende Debatte hoffen. Der Tonfall der Besprechung von Verbal Behavior ist aggressiv, nicht wütend. Nimmt man dagegen Chomskys Bemerkungen zu Beyond Freedom and Dignity (Skinner, 1971), so sieht man, wie Chomsky sich anhört, wenn er „in Höchstform“ ist. Hier ein Beispiel für Chomskys Stil: „Es fällt schwer, sich eine schlagenderes Beispiel vorzustellen, wie jemand unfähig ist, auch nur die Grundlagen des wissenschaftlichen Denkens zu verstehen“ (Chomsky, 1973, S. 46).

Chomsky fasst das Erbe Skinners so zusammen, dass nichts übriggeblieben sei, außer ein paar experimentelle Techniken von begrenztem Wert. Unter anderem sei die Verhaltensanalyse von den Entwicklungen in der vergleichenden Psychologie und Ethologie überrollt worden. Er beruft sich hier v. a. auf die Arbeit der Brelands (1961). Offenkundig ist er mit diesen Arbeiten nicht vertraut. Keller Breland und Marian Breland-Bailey sowie Robert Bailey nutzten über 50 Jahre lang die Prinzipien des operanten Konditionierens, um Tiere zu dressieren. Sie taten das überaus erfolgreich; keineswegs stellten sie fest, wie Chomsky das darstellt, dass die Tiere nur vorübergehend leicht von ihrem instinktivem Verhalten abwichen, um bald wieder in dieses zurück zu fallen. Vielmehr erwies sich, dass einige Generalisierungen nicht so funktionierten, wie man sich das ursprünglich gedacht hatte: Dieser „Breland-Effekt“ wurde jedoch ohne begriffliche Verrenkungen in die Verhaltensanalyse integriert. Skinner bezog sich später auf die Untersuchungen der Brelands und diese wiederum blieben Verhaltensanalytiker und Skinner weiter eng verbunden.

Chomsky scheint sich die Verhaltensanalyse als eine Art Dogma vorzustellen, an dem unbeeindruckt von Erkenntnissen festgehalten wird. Die Verhaltensanalyse hat sich über die Jahre eine Vielzahl an neuen Forschungsbereichen erschlossen, sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der angewandten, genannt sei hier nur – für den Bereich sprachlichen Verhaltens – die Forschung zum „joint control“ (z. B. Lowenkron, 1998), zur Namensgebung (z. B. Horne & Lowe, 1996), zur Stimulusäquivalenz (z. B. Sidman, 1994) und zur Relational Frame Theory (z. B. Hayes et al., 2001).

Chomsky betont 2006 mehrfach, wie einflussreich Skinners Gedanken zur Sprache in den fünfziger Jahren gewesen seien und wie wenige Dissidenten es gegeben hat (offenkundig, um sich selbst als einen der „glücklichen Wenigen“ – oder deren Anführer – zu präsentieren). Skinner mag zwar eine charismatische und einflussreiche Persönlichkeit im Harvard der fünfziger Jahre gewesen sein. Chomsky aber überschätzt die Bedeutung Skinners zu dieser Zeit. Außerhalb von Harvard spielten Skinners Gedanken kaum eine Rolle. Im Gegenteil, Skinners Schüler taten sich so schwer, ihre Arbeiten in etablierten psychologischen Fachzeitschriften unterzubringen, dass sie letztlich ihre eignen gründen mussten.

Palmer (2006) fasst zusammen, dass Chomsky 1959 wie 2006 einen Strohmann abfackelt: Einen extremen Umwelttheoretiker, der dem Stimulus-Response-Dogma anhängt und für Belege und empirische Daten unempfänglich ist. Ein solches Zerrbild lässt sich leicht vernichten. Chomsky hatte einen enormen Einfluss auf die Psychologie – jedoch nicht in produktiver Hinsicht. Schriften von ihm, die später als 1965 datieren, werden kaum zitiert (Cook & Newsom, 1996, S. 78). Über zwei Jahrzehnte versuchten Chomsky und seine Anhänger die Syntax mit Transformationsregeln zu modellieren, mussten diesen Versuch aber letztlich aufgeben. Chomsky musste die Erklärung für alles in das Lexikon verlagern – eine Schritt, der seine Modell kein bisschen plausibler machte. Es ist wahr, dass die kognitive Psychologie in den Jahren seit Chomskys Besprechung aufblühte. Aber ebenso – und von kognitiven Psychologen ignoriert – erblühte die Verhaltensanalyse. Das Interesse an Skinners Analyse des sprachlichen Verhaltens ist so groß wie nie. Die Zahl wissenschaftliche Arbeiten, die von Skinners Buch angeregt wurden, hat sich in den letzten dreißig Jahren verachtfacht (Eshleman nach Palmer, 2006, S. 265, auch Eshleman, 1991, Sautter & LeBlanc, 2006). Praktische Anwendungen gibt es zuhauf – die Therapie des Autismus sei als nur eine von vielen genannt. Palmer (2006) bemerkt, dass er von keiner praktischen Anwendung wüsste, die auf Chomskys Analyse aufbaut.

David Palmer schließt mit den folgenden Worten:
„Skinners analysis of verbal behavior is not a museum piece, a moribund historical curiosity; it is the foundation of an active research program, continuing conceptual development, and of practical applications with potentially far reaching effects“ (S. 265).

Literatur

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Es gibt keine Sprachuniversalien

Nativisten behaupten, dass die Sprache größtenteils „fest verdrahtet“ ist: Wenn wir als Kinder zu sprechen lernen, füllen wir nur mehr die bereits genetisch angelegten Leerstellen (Sprachuniversalien) mit dem Inhalt unserer Muttersprache. Nativisten meinen, man könne Sprache nicht – wie B. F. Skinner (1957) dies in Verbal Behavior darlegt – allein mit Hilfe der allgemeinen Lernmechanismen erlernen. Es müsse einen besonderen Lernmechanismus (Language Acquisition Device) zum Lernen von Sprache geben. Je mehr man über den Spracherwerb forscht, desto unhaltbarer wird die Position der Nativisten. Insbesondere scheint es wohl praktisch keine Sprachuniversalien zu geben.

Evans und Levinson (2009) überprüften die Behauptung, dass es Unversalien, allen Sprachen gemeinsame Merkmale gebe. Sie stellen fest, dass es auf praktisch allen Ebenen der Organisation einer Sprache grundlegende Unterschiede gibt. Dies betrifft die Phonetik, die Phonologie, die Morphologie, die Syntax und die Semantik. Die Annahme, alle Sprachen zeigten grundsätzliche Gemeinsamkeiten, kann nur dann aufrechterhalten werden, wenn man seine Vergleiche lediglich auf das Englische und nahe verwandte Sprachen beschränkt. Die wenigen Merkmale, die wohl tatsächlich allen Sprachen gemeinsam sind, lassen sich besser durch die gemeinsame Umwelt, in der alle Menschen leben, erklären als durch angeborene Mechanismen des Spracherwerbs. Sie schätzen die Behauptungen der Universalgrammatik (wie sie etwa von Noam Chomsky und anderen Nativisten vertreten wird) als „entweder empirisch falsch, unwiderlegbar oder irreführend, da sie sich auf Tendenzen und nicht auf strikte Universalien beziehen“ (S. 429), ein. So zeigen Evans und Levinson (2009) auf, dass kein einziger der von Steven Pinker (Pinker & Bloom; 1990) angeführten „unstrittigen Fakten“ über universelle Merkmale von Substantiven auf alle Sprachen zutrifft. Ähnliche Beweise lassen sich – oft mit Leichtigkeit – gegen alle anderen, je von Nativisten behaupteten Sprachuniversalien ins Feld führen.

Schon Christiansen und Charter (2008) zeigten auf, dass angeborene Einschränkungen beim Spracherwerb evolutionär gesehen nicht möglich sind. Palmer (1981) wies daraufhin, dass eine angeborene Universalgrammatik keinerlei Adaptionsvorteil darstellen würde und daher auch nicht im Lauf der Evolution erworben werden konnte.

Literatur

Christiansen, M. H. & Chater, N. (2008). Language as shaped by the brain. Behavioral and Brain Sciences, 31(5), 489-558. Abstract

Evans, Nicholas & Levinson, Stephen. (2009). The myth of language universals: Language diversity and its importance for cognitive science. Behavioral and Brain Sciences, 32(5), 429-448. Abstract

Palmer, D.C. (1981 / 2000). Chomsky’s nativism. A critical review. The Analysis of Verbal Behavior, 17, 39-50. PDF 36 KB

Pinker, S. & Bloom, P. (1990). Natural language and natural selection. Behavioral and Brain Sciences, 13(4), 707-726. Abstract

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Chomsky und die wissenschaftliche Redlichkeit

Noam Chomskys Besprechung von Skinners „Verbal Behavior“ gilt als grundlegend für die „kognitive Wende“ in der Psychologie. Chomskys Text offenbart jedoch lediglich, dass er als Wissenschaftler nicht gerade redlich war, so Barry Adelmann.

Es gibt kaum einen Hinweis darauf, dass Chomsky (1959) in irgendeinem Bereich der Psychologie (vielleicht mit Ausnahme der Psychoanalyse, vgl. Barsky, 1997) über nennenswertes Vorwissen verfügte, als er die Besprechung von Skinners (1957) Buch schrieb. Dabei war die Psychologie zu diesem Zeitpunkt bereits eine entwickelte und vielgestaltige Disziplin. Insbesondere gilt dies für die verhaltenswissenschaftliche Psychologie. Der Begriff „Behaviorismus“ wurde für eine Vielzahl von Psychologien verwendet. Skinners Radikaler Behaviorismus unterschied sich in wesentlichen Punkten von den anderen „Behaviorismen“ und Verbal Behavior baut sehr spezifisch auf Skinners Auffassung von Psychologie auf.

Schon MacCorquodale (1970) wies nach, dass Chomsky (1959) Skinner (1957) in zahlreichen Aspekten grundlegend missverstand. Adelmann (2007) zeigt ein weiteres, kaum beachtetes Merkmal von Chomskys Besprechung auf: Sie weist zahlreiche handwerkliche Mängel auf („the poor quality of his scholarship“, p. 20). Diese Mängel betreffen nicht nur den Inhalt von Verbal Behavior. Chomsky (1959) verstand offenkundig kaum, was den Radikalen Behaviorismus von anderen Formen des Behaviorismus unterschied. Schon Richelle (1976) merkte an, hätte Chomsky eine Seminararbeit geschrieben, seine Fehler würden wohl die meisten Prüfer dazu veranlasst, nicht weiter zu lesen, sondern den Kandidaten durchfallen zu lassen. So glaubte Chomsky (1959, p. 28), die Reaktionsstärke würde über das Kriterium der Extinktionsresistenz definiert. Skinner (1957) dagegen erklärte, die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Verhaltens unter bestimmten Bedingungen sei das entscheidende Kriterium (p. 22). Tatsächlich verwechselte Chomsky hier Skinners Definition mit der von Hull (1943, pp. 260-262), wie schon MacCorquodale (1970) bemerkte. Chomsky (1959) unterstellte Skinner (1959), er gehe davon aus, dass Kinder ihre Muttersprache nur durch akribische Sorge („meticulous care“, p. 42) der Erwachsenen lernen könnten, die das sprachliche Repertoire der Kinder differentiell verstärken. Tatsächlich sagt Skinner (1959) nichts dergleichen. Miller und Dollard (1941) sind es, die schreiben, dass das Kind akribisch trainiert („meticulous training“, p. 82) werde, um Objekte und Wörter miteinander in Verbindung setzen zu können. Offenkundig scheint Chomsky (1959) hier wieder etwas zu verwechseln. Skinner (1957) dagegen äußert sich in Verbal Behavior fast gar nicht zum Spracherwerb.

Die Mängel von Chomskys (1959) Artikel betreffen auch seine Zitate aus dem von ihm besprochenen Buch. Chomsky zitiert des öfteren schlicht falsch oder aus dem Zusammenhang heraus. Adelmann (2007) listet einige Beispiele auf; hier seien drei davon erwähnt.

1. Chomsky (1959, p. 34) berichtet, dass Skinner die Extinktionsresistenz des Verhaltens (oder genauer die Rate des Auftretens während der Extinktion eines Verhaltens) als „die einzige Variable, die sich signifikant und in der erwarteten Richtung verändere“ definiere. Tatsächlich schreibt Skinner (1950, p. 198) aber, dass die Rate des Auftretens die einzige Variable sei usw. Um Skinner solcherart falsch wiedergeben zu können, zitierte er nur wenige Satzbruchstücke wörtlich. Und selbst in diesen Bruchstücken musste er noch Veränderungen vornehmen (bei Chomsky steht „that“, statt „which“ im Original).

2. Chomsky (1959, p. 34) behauptet, Skinner sage, dass die Frequenz eines Verhaltens „hauptsächlich auf die Frequenz der es kontrollierenden Variablen“ zurückzuführen sei. Tatsächlich schrieb Skinner hier (1957, p. 27), dass „wir uns nicht sicher sein können, ob nicht hauptsächlich die Frequenz der es kontrollierenden Variablen“ in bestimmten Fällen für die Frequenz eines Verhaltens verantwortlich sei. Skinner (1957) grenzte in diesem Absatz sein Vorgehen explizit gegen die in formalen Analysen verbreitete Praxis des „Wörter-Zählens“ ab: „Es ist genauso wichtig, die Bedingungen [unter denen Sprache auftritt] zu kennen“ (ebd.).

3. In Bezug auf den Stellenwert der Betonung, des Wortakzents usw. zitiert Chomsky (1959, pp. 34-35) Skinner folgendermaßen: „Glücklicherweise spielt dies im Englischen keine große Rolle…“ da „…relative Tonhöhen … nicht … wichtig sind“. („Fortunately `In English this represents no great difficulty´ since, for example, `relative pitch levels … are not … important´“ – so Chomsky, 1959, p. 34-35, im Original). Chomsky zitiert hier (mit den obigen Auslassungspünktchen) auf eine Weise, durch die der Eindruck entsteht, Skinners „this“ beziehe sich auf „pitch“. Chomsky greift dies auf, indem er anmerkt, Skinner (1957) nenne keine der zahlreichen Studien zur Funktion der unterschiedlichen Tonhöhen im Englischen. Gemeint ist, dass Skinner die Bedeutung der Tonhöhe und der Betonung in der gesprochenen Sprache ignoriere. Tatsächlich schreibt Skinner (1957, p. 25) aber, dass absolute oder relative Tonhöhen im Englischen kein „distinktives“ Merkmal seien. Änderungen in der Tonhöhe dagegen dienen dazu, unterschiedliche Arten von Äußerungen zu unterscheiden.

  • In English, this [energy level, speed of response, and even repetition entering into the construction of different forms of response] represents no great difficulty. Absolute levels of pitch and intensity are not “distinctive” nor are relative pitch levels important. Changes in pitch, however, distinguish different types of utterance. (Skinner, 1957, p. 25)

Im Anschluss daran diskutiert Skinner (1957) ausführlich die Funktion der Tonhöhe im Englischen.

Adelmann (2007) vergleicht Chomskys Artikel von 1959 mit der Persiflage, die der Physiker Alan Sokal (1996a) in der Zeitschrift Social Text platzieren konnte. Sokal (1996b) merkte später an, die Herausgeber hätten seinen Artikel unmöglich verstehen können. Jedoch akzeptierten sie ihn wohl deshalb, weil ihnen die exzessive Verwendung des postmodernen Jargons gefiel und weil sie mit seinen Schlussfolgerungen einverstanden waren. Genauso wie postmoderne Philosophen die Feinheiten der Physik und Mathematik nicht verstehen, verstehen die meisten Linguisten die verhaltenswissenschaftliche Psychologie nicht. Obwohl – traurig, aber wahr – Chomsky (1959) keine Parodie ist, liegt der Schluss nahe, dass auch Chomskys Artikel vor allem deshalb akzeptiert wurde, weil die Herausgeber von Language mit der Verhaltenswissenschaft nicht vertraut waren und deshalb die zahlreichen Fehler Chomskys nicht bemerkten. Zudem dürften sie mit der mentalistischen Grundhaltung Chomskys übereingestimmt haben – bzw. sich überhaupt nicht haben vorstellen können, welche Alternativen zum Mentalismus es geben könnte.

Seine Missverständnisse bezüglich des Inhalts von Verbal Behavior sollten angesichts von Chomskys (1959) defizitärer Vorbildung nicht überraschen. Jedoch werfen seine selektiven, aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate ein ausgesprochen ungünstiges Licht auf Chomskys Redlichkeit als Wissenschaftler. Viele von Chomskys „Fehlern“ können nicht darauf zurückgeführt werden, dass Chomsky (1959) Skinners (1957) Terminologie nicht verstand, sondern sind eindeutige Belege dafür, dass er versuchte, „einen Fall zu konstruieren“.

Es wäre ebenso wenig redlich, wenn man Chomsky (1959) als einen Radikalen Behavioristen darstellt, wenn man folgende Zitate von ihm aus dem Zusammenhang herausreißt:

„Pavlovian and operant conditioning are processes about which psychologists have developed real understanding“ (p. 38).

“Reinforcement undoubtedly plays a significant role [in language acquisition]…” (p. 43).

Nicht minder verfälschte Chomsky (1959) Skinners (1957) Gedanken. Die mindere Qualität seiner Besprechung sagt aber auch viel über die Wissenschaftler aus, die er mit diesem Artikel beeinflussen konnte und die ihn noch heute als Initiator der „kognitiven Wende“ betrachten.

Literatur

Adelmann, Barry Eshkol. (2007). An underdiscussed aspect of Chomsky (1959). The Analysis of Verbal Behavior, 23, 29-34. PDF, 196 KB

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Chomsky, N. (1959). Review of Skinner’s Verbal Behavior. Language, 35, 26-58.

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MacCorquodale, K. (1970). On Chomsky’s Review of Skinner’s Verbal Behavior. Journal of the Experimental Analysis of Behavior, 13(1), 83-99.

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Skinner, B. F. (1957). Verbal Behavior. Acton: Copley Publishing Group.

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Sokal, A. (1996b). A physicist experiments with cultural studies. Lingua Franca, May/June 1996, 62-64.

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Chomsky vs. Skinner

Dem Sprachwissenschaftler Noam Chomsky wird gern nachgesagt, er habe Skinners Ansatz zur Erklärung sprachlichen Verhaltens „widerlegt“ (und allgemein Skinner und überhaupt den Behaviorismus – vgl. aber meine Zusammenfassung der Kritik an Chomskys Kritik und Theodor Icklers hervorragende Persiflage auf die grobe Falschdarstellung von Skinner). Auf diesem Video findet man eine Zusammenstellung einiger Beiträge sowohl von Chomsky als auch von Skinner

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27/02/2013 · 22:39