Feedback ist eine weit verbreitete Methode, um auf das Verhalten von Mitarbeitern am Arbeitsplatz einzuwirken. Wenn man Feedback richtig einsetzt, kann dieses sehr wirksam sein (Alvero, Bucklin & Austin, 2001; Gravina et al., 2018). Insbesondere das Feedback, das ein Vorgesetzter unmittelbar und mündlich seinem Mitarbeiter gibt, ist weit verbreitet und wird in Studien oft untersucht. Dies betrifft vor allem korrektives Feedback. Positives Feedback wird oft öffentlich oder auch in Bezug auf Gruppen von Mitarbeitern gegeben. Zahlreiche Studien befassen sich damit, wie man Feedback richtig einsetzt, sodass es sich positive auf die Leistung der Feedbackempfänger auswirkt.
Ehrlich, Nosik, Carr und Wine (2020) gingen der Frage nach, wie sich das Verhalten des Mitarbeiters, also des Feedbackempfängers, auf die Wirksamkeit des Feedbacks auswirkt. Mitarbeiter reagieren oft defensiv, wenn sie korrektives Feedback empfangen. Sie führen z. B. ihre Defizite oft auf nicht von ihnen kontrollierbare Faktoren zurück oder greifen andere Personen oder gar den Feedbackgeber an. Diese negativen Reaktionen des Feedbackempfängers wirken wiederum als Strafreize auf den Vorgesetzten, der das Feedback übermittelt. Dies ist auch der Grund, weswegen wir selbst als Vorgesetzte ungern korrektives Feedback geben (wir wollen vermeiden, mit den negativen Reaktionen des Mitarbeiters konfrontiert zu werden) und weswegen generell korrektives Feedback vermieden wird (dies gilt natürlich nur im allgemeinen und nicht für jeden Vorgesetzten und jeden Mitarbeiter). Matey, Gravina, Rajagopal und Betz (2019) fanden etwa, dass die Teilnehmer ihrer Studie, die das Verhalten einer anderen Person beobachten sollten, weniger genau und akkurat beobachteten, wenn sie der entsprechenden Person auch Feedback geben sollten.
In der üblichen Managementliteratur gibt es nur wenige Hinweise darauf, wie man als Feedbackempfänger sein Verhalten verändern kann, so dass man selbst und derjenige, der einem das Feedback übermittelt, mit der Situation gut zurechtkommen und dass man vom Feedback tatsächlich auch profitiert. Einige Autoren geben Hinweise, ohne sich dabei auf empirische Belege stützen zu können. So wird geraten, nicht zu streiten, aktiv zuzuhören, das Feedback ohne Emotionen entgegenzunehmen usw. Ehrlich et al. (2020) entwickelten auf dieser Grundlage und aufgrund von Interviews mit Experten im Bereich der Verhaltensanalyse und der Unternehmensführung (Praktikern und Wissenschaftlern) eine Task Analysis, in der acht Verhaltensweisen beschrieben und erläutert werden, die man zeigen sollte, wenn man korrektives Feedback empfängt. Unter anderem gehört zu dieser Aufgabenbeschreibung, dass man zum Feedbacktreffen vorbereitet erscheint (z. B. mit Schreibmaterial), dass man Augenkontakt zum Feedbackgeber aufnimmt, dass man angemessene Nachfragen stellt, dass man das korrektive Feedback anerkennt, aktives Zuhören demonstriert, über Möglichkeiten der Verbesserung spricht und sich für das Feedback authentisch bedankt. Zu dieser Task Analysis entwickelten Ehrlich et al. (2020) noch eine Checkliste, die sie später bei den Beobachtungen des Mitarbeiterverhaltens verwendeten und bei der Punkte für unterschiedliche Ausführungen des geforderten Verhaltens vergeben wurden.
In ihrer Studie testeten Ehrlich et al. (2020), ob sich diese Verhaltensweisen trainieren lassen und ob sich das Befolgen dieser Verhaltensweisen auf die Qualität der Arbeit auswirkt. Ihre Versuchspersonen waren drei jüngere Mitarbeiterinnen einer kleinen Firma. Diese arbeiteten in der Kundenbetreuung und kommunizierten mit den Kunden über Telefon oder E-Mail. Die Mitarbeiterinnen waren zwei bis sechs Monate vor Beginn der Studie im Schreiben angemessener E-Mails trainiert worden. Es gab eine Checkliste, was die Mitarbeiterinnen beim Verfassen der E-Mail alles beachten sollten. Diese Checkliste diente später dazu, die Leistung der Mitarbeiterinnen in Abhängigkeit vom Feedback zu messen. An jedem zweiten Werktag traf sich die Versuchsleiterin (Rachel Ehrlich) mit jeder Mitarbeiterin einzelnen für eine Feedbacksitzung. Als Grundlage für dieses Treffen hatte die Versuchsleiterin zuvor mehrere ausgewählte E-Mails der Mitarbeiterin ausgewertet. Die Sitzung begann immer mit einer positiven Feststellung bezüglich der E-Mails, gefolgt von mehreren korrektiven Hinweisen. Bewusst wurde auch nur vages korrektives Feedback (in der Art wie „Mir gefiel nicht, wie Sie auf die Anfrage des Kunden reagiert haben“) gegeben, um der Mitarbeiterin so Gelegenheit zu Nachfragen zu geben. Die Versuchsleiterin promptete zudem das Verhalten des aktiven Zuhörens bei der Mitarbeiterin durch Fragen wie „Verstehen Sie was ich meine?“. Diese Feedbacksitzungen wurden, natürlich mit Einverständnis der Mitarbeiterin, auf Video aufgezeichnet und anschließend durch die Versuchsleiterin und den Zweitautor der Studie ausgewertet.
Zunächst wurde über mehrere Sitzungen die Basisrate des Verhaltens der Mitarbeiterinnen in den Feedbacksitzungen erfasst. Die Mitarbeiterinnen zeigten im Schnitt (von Mitarbeiterin zu Mitarbeiterin in unterschiedlichem Ausmaß) 40-75 % der geforderten Verhaltensweisen. Anschließend fand für jede Mitarbeiterin einzeln (zeitversetzt, da ein multiples Basisratendesign verwendet wurde) ein verhaltensorientiertes Fertigkeitstraining (Behavioral Skills Training, BST) statt. Hier wurden der Mitarbeiterin der Sinn des Trainings, die Inhalte der Task Analysis und weitere Hintergründe erklärt. Anschließend sah sich die Mitarbeiterin Videos eines Modellrollenspiels an, in dem eine Mitarbeiterin korrektives Feedback empfing. Die Mitarbeiterin (also die Versuchsperson) sollte nun die Checkliste verwenden, um das Verhalten der Mitarbeiterin im Video zu bewerten. In einem weiteren Schritt führten die Versuchsleiterin und die Mitarbeiterin selbst ein Rollenspiel zu einer Feedbacksitzung durch, wobei die Mitarbeiterin positives und korrektives Feedback bezüglich der Verhaltensweisen der Task Analysis erhielt. Durch diese Intervention verbesserte sich bei allen Mitarbeiterinnen der Anteil korrekt gezeigter Verhaltensweisen während der weiteren Feedbacksitzungen deutlich (je nach Mitarbeiterin auf im Schnitt 78-82 %). Auch bei späteren Beobachtungen in Feedbacksitzungen konnten die Mitarbeiterinnen das veränderte Verhalten beibehalten. Die Qualität der E-Mails der Mitarbeiterinnen verbesserte sich aufgrund der Intervention von (je nach Mitarbeiterin) 73-78 % auf 82-87 %. Die Mitarbeiterinnen berichteten übereinstimmend, dass sie das Training als hilfreich und infolgedessen auch die Feedbacksitzungen als angenehmer empfanden.
Dies ist vermutlich die erste Studie, bei der das Verhalten des Feedbackempfängers im Fokus stand. Natürlich gehören zum Feedback immer zwei Personen: der Feedbackgeber und der Feedbackempfänger. Auf beiden Seiten können Fehler gemacht werden. Die Studie von Ehrlich et al. (2020) sollte nicht so missverstanden werden, dass Mitarbeiter hier, unabhängig von der Qualität des Feedbacks und des Verhaltens des Feedbackgebers, zu einer unbedingten Akzeptanz des Feedbacks erzogen werden sollen. Viele von uns kennen sowohl die Rolle des Mitarbeiters und Feedbackempfängers als auch die Rolle des Vorgesetzten und Feedbackgebers und können sich in beide hineindenken. Die Untersuchung von Ehrlich et al. (2020) ist nur eine erste Pilotstudie. Doch lässt sich die von ihnen erarbeitete Task Analysis und Checkliste sicherlich gut für weitere Forschungen zu diesem Thema verwenden.
Literatur
Alvero, A. M.; Bucklin, B. R. & Austin, J. (2001). An objective review of the effectiveness and essential characteristics of performance feedback in organizational settings (1985 – 1998). Journal of Organizational Behavior Management, 21(1), 3-29. https://doi.org/10.1300/J075v21n01_02
Ehrlich, R. J.; Nosik, M. R.; Carr, J. E. & Wine, B. (2020). Teaching employees how to receive feedback: A preliminary investigation. Journal of Organizational Behavior Management, 1-11. https://doi.org/10.1080/01608061.2020.1746470
Gravina, N.; Villacorta, J.; Albert, K.; Clark, R.; Curry, S. & Wilder, D. (2018). A literature review of organizational behavior management interventions in human service settings from 1990 to 2016. Journal of Organizational Behavior Management, 38(2-3), 191-224. https://doi.org/10.1080/01608061.2018.1454872
Matey, N.; Gravina, N.; Rajagopal, S. & Betz, A. (2019). Effects of feedback delivery requirements on accuracy of observations. Journal of Organizational Behavior Management, 39(3-4), 247-256. https://doi.org/10.1080/01608061.2019.1666773