Behavior Breakthroughs – Eine Verhaltensanalyse-App

Behavior Breakthroughs ist ein 3D-Computerlernspiel, durch das grundlegende Kenntnisse in angewandter Verhaltensanalyse vermittelt werden sollen. Der Programm gibt es als App für das iPhone und iPad kostenlos (auf das erste Level begrenzt) und als Vollversion mit sechs Levels für den PC. Bei Behavior Breakthroughs wird der Spieler mit Asa konfrontiert, einem fünf Jahre alten, geistig behinderten Jungen, der zahlreiche Verhaltensauffälligkeiten zeigt, darunter einige selbstverletzende Verhaltensweisen wie etwa den Kopf gegen die Wand zu schlagen usw.

Hier ein Video, in dem das Spiel vorgestellt wird:

Eine Untersuchung zur Wirkung des Spiels

Lowdermilk et al. (2012) gaben das Spiel (nur das erste Level) 89 Studenten der Sonderpädagogik vor und testeten vor und nach dem Spiel deren Wissen über den richtigen Einsatz verhaltensanalytischer Prinzipien anhand eines Fallbeispiels. In diesem Fallbeispiel sollten die Versuchspersonen angeben, was sie jeweils tun würden, wenn Asa ein angemessenes oder ein unangemessenes Verhalten zeigt. Die Antworten der Studenten wurden an den Antworten mehrerer trainierter Verhaltensanalytiker (BCBA) gemessen. Vor dem Spiel war die Handlungsalternative, die die Versuchspersonen am häufigsten (zu 43,7 %) wählten „Ich frage Asa, was mit ihm los ist“. Man sollte hier noch erwähnen, dass Asa im Fallbeispiel als nicht der Sprache mächtig (nonverbal) vorgestellt worden war. Mit einer Antwort Asas auf diese Frage durften die Studenten also nicht rechnen. Auch die Handlungsalternative „Ich frage Asa, was er möchte“ wurde oft gewählt. Die trainierten Verhaltensanalytiker hatten jedoch als richtige Intervention bei unangemessenem Verhalten „Ich ignoriere das Verhalten“ angegeben (Extinktion oder Löschung). Zu beachten ist hier folgendes: Verhaltensanalytiker unterscheiden zwischen dem Ignorieren eines bestimmten Verhaltens und dem Ignorieren einer Person. Letzteres wurde selbstverständlich nicht empfohlen. Im Falle, dass Asa sich angemessen verhielt, empfahlen die Verhaltensanalytiker verschiedene Formen der Zuwendung und Verstärkung. Diese Kombination aus Ignorieren und Zuwenden (differentielle Verstärkung) fanden nach dem Spielen deutlich mehr Versuchspersonen richtig. Die Studenten erzielten hier je nach Frage Verbesserungen bis zu 45 %. Tendenziell konnten die Studenten mit dem Prinzip der Löschung unerwünschten Verhaltens mehr anfangen als mit der Verstärkung erwünschten Verhaltens.

Auch auf die Selbsteinschätzung der Versuchspersonen hatte das Spiel Einfluss. Vor dem Spiel gaben nur 47 % der Versuchspersonen an, dass sie sich zutrauten, mit Kindern zu arbeiten, die schwere Verhaltensauffälligkeiten hatten, danach waren es 60 %. Vor dem Spiel meinten 42,5 %, dass sie sich durch eine solche Tätigkeit sehr belastet fühlen würden. Dieser Anteil sank auf 32 %.

Mehrere Versuchspersonen zeigten sich während des Spiels sehr beteiligt, eine Versuchsperson fing sogar an, vor dem Bildschirm mit Asa zu reden. Diese stärkere Beteiligung ist ein erwünschter Effekt des Spiels. Eine andere Versuchsperson gab an, dass sie das Kind am liebsten schlagen würde. Diese Variante sah das Spiel natürlich nicht vor. Das Spiel ist somit  auch eine gute Methode, den Spielern klar zu machen, dass sie auf körperliche Gewalt prinzipiell nicht zurückgreifen können. Lowdermilk et al. (2012) empfehlen das Spiel als eine gute Möglichkeit, angehende Erzieher und Lehrer üben zu lassen, ohne lebende Kinder dem Risiko auszusetzen, durch falsches Verhalten geschädigt zu werden.

Literatur

Lowdermilk, John; Martinez, Deborah; Pecina, Julie; Beccera, Lisa & Lowdermilk, Carey. (2012). Behavior Breakthroughs: Future teachers reflect on a focused game designed to teach ABA techniques. Tech Trends, 56(3), 29-35.

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01/05/2013 · 16:35

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